Das heißt: Der ML hat *nicht* die Aufgabe, Wachstum etc. zu schaffen, sondern die Mindestqualität von Arbeitsbeziehungen zu garantieren. Mensch sollte also vermeiden, ein sozialpolitisches (!) Instrument als beschäftigungs- & wirtschaftspolitisches Instrument misszuverstehen. 7/9
— SeTh (@EconomicEthics) September 3, 2021
…und zugleich die Frage, welche Aufgabe ein Mindestlohn haben könnte, ob er überhaupt noch relevant wäre, wenn ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt würde. Denn heute übernimmt der Mindestlohn zwei Funktionen, auf die Sebastian Thieme hinweist, eine Mindesteinkommenssicherung auf der einen, die Definition eines Mindestanteils am Unternehmenserfolg auf der anderen.
Bedürfte es aber der ersten Funktion noch, wenn es ein ausreichend hohes BGE gäbe? Würde es nicht an der Vorrangigkeit von Erwerbstätigkeit festhalten, weil Erwerbstätige doppelt abgesichert würden – mit BGE als Bürger und Mindestlohn als Mitarbeiter? Würde durch die größere Verhandlungsmacht von Mitarbeitern bzw. Arbeitnehmern nicht etwas erreicht, das der Mindestlohn heute pauschal absichern soll, und zwar über diesen Anteil am Unternehmenserfolg jederzeit verhandeln zu können? Man darf hierbei auch nicht vergessen, dass nach Einführung eines auskömmlichen BGE die Einkommenssituation von Haushalten sich ganz anders darstellte als heute – Einkommenszuwachs durch mehr Personen im Haushalt. Es wird schnell klar, dass etwaige Möglichkeiten durch BGE von der Höhe in Kaufkraftverhältnissen abhängt.
Unsere früheren Kommentare zur Debatte um das Verhältnis von Bedingungslosem Grundeinkommen und Mindestlohn sowie der Bedeutung eines Mindestlohns als solchen finden Sie hier.
Nachtrag: Selbst der Mindestlohn von 12 Euro reicht heute nicht aus, um Rentenansprüche über Grundsicherungsniveau zu erreichen. Der Sozialstaat muss sich daran messen lassen, was er zu leisten im Stande ist.
Sascha Liebermann