„Auch wenn Väter nur zwei Monate Babypause machen, fließt schon das volle Elterngeld“…

…das hält Charlotte Parnack auf Zeit Online (Bezahlschranke) für nicht mehr zeitgemäß und schlägt vor, die Auszahlung des vollen Betrages an eine gleichmäßige Aufteilung zwischen Mutter und Vater zu binden. Das wäre ein Fortschritt in Sachen Gleichstellung, so Parnack, denn Mütter, so wird mit dem Verweis auf die Gehaltsentwicklung von Frauen und Männern ab 30 festgestellt, gerieten sonst ins Hintertreffen. Ihre Argumentation für eine andere Regelung bezieht sich nur auf die vermeintlichen Folgen der Elterngeldkonstruktion für die Gehaltsentwicklung. Um mehr Zeit für Familie für beide Elternteile über das Elterngeld hinaus geht es nicht. Es geht also auch gar nicht um das, was eine Familienförderung bzw. -unterstützung eigentlich leisten sollte, den Eltern Zeit zu verschaffen, statt sie für Erwerbsteilnahme zu belohnen. Parnack schreibt damit die Eigenheit des Elterngeldes fort, eine Prämie für Besserverdiener zu sein, was sich daran zeigt, dass die meisten Bezieher unter 1000 Euro liegen (siehe auch monatliche Elterngeldzahlbeträge). Das allerdings ist ihr keine weitere Ausführung wert, obwohl darin die entscheidende Veränderung gegenüber dem Erziehungsgeld besteht. Abschließend schreibt sie in ihrem Beitrag:

„Es ist doch nicht so, dass eine gerechtere Aufteilung der Partnermonate irgendjemanden zu irgendetwas zwingen würde. Vom Elterngeld profitieren die Bezieher höherer Gehälter am stärksten. Kein Paar wäre verpflichtet, künftig zu gleichen Teilen in Elternzeit zu gehen. Alle können so lange pausieren, wie sie möchten. Im Zweifel gibt es dafür eben nur weniger finanziellen Ausgleich. Es herrscht ja keine Pflicht für Paare, Elterngeld in voller Höhe zu beziehen. Aber eine Pflicht für die Politik, einen attraktiven Anreiz zu schaffen, Ungerechtigkeiten zu beseitigen: Die gibt es schon.“

Abgesehen davon, dass hier formal auf Gleichstellung Bezug genommen und diese nur mit Bezug auf die Erwerbsbeteiligung betrachtet wird, nimmt Parnack in Kauf, dass mit einer Verschärfung in ihrem Sinne gerade diejenigen, die niedrige Zahlbeträge erhalten, das Nachsehen haben werden, wenn sie nicht spuren. In keiner Weise stellt Parnack die Frage, welchen Beitrag der normative Vorrang von Erwerbstätigkeit für die ungleiche Wahrnehmung von Sorgetätigkeiten durch Mütter und Väter hat. Vätern fehlen entscheidende auf das Elternsein vorbereitende Erfahrungen, um in das Vatersein hineinzufinden, die Mütter allerdings durchleben: Schwangerschaft und Geburt. Wer also an dieser Ungleichheit etwas ändern will, muss Möglichkeiten schaffen, damit Eltern in dieses Elternsein leichter hineinfinden können, ohne sie in Erwerbstätigkeit zurückzudrängen. Es ist naiv zu glauben, ein paar Monate Elterngeld könnten das richten, es braucht die Freiräume und die Anerkennung dessen, dass diese Zeit wichtig ist. Das Elterngeld wirbt zwar damit, diese Anerkennung zu bieten, tatsächlich ist es eine Erwerbsprämie. Es muss also am Stellenwert von Erwerbstätigkeit gerüttelt werden, wenn es hier Veränderungen geben soll. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen täte genau das, ohne irgend jemanden erziehen zu wollen.

Sascha Liebermann