Einerseits eine wichtige, aber doch triviale Einsicht, andererseits eine Instrumentalisierung

Im hier erwähnten Beitrag ist nicht klar, ob die zitierte Gesundheitswissenschaftlerin diesen Begriff gebraucht hat, er in der Studie vorkommt oder die Autoren ihn einführen – zumindest findet er seit einigen Jahren Verwendung. Die Wortbedeutung ließe noch die Möglichkeit, die Familie als „Quell“ des Wohlergehens zu verstehen, also ein nicht instrumentelles Verhältnis zu ihr anzunehmen. Mittlerweile ist jedoch ein Gebrauch üblich, in dem Ressourcen Reservoiren gleichkommen, derer man sich bedient bzw. auf die zurückgegriffen werden kann (ähnlich ist es mittlerweile beim Begriff der Resilienz).

Das ist aber etwas anderes als davon zu sprechen, dass Familie als Gemeinschaft in Verantwortung der Eltern einen Schutzraum schafft, in dem alle Angehörigen sicher aufgehoben sind, weil sie, so wie sie sind, angenommen werden. Es handelt sich um ein Gefüge von Beziehungen: weil Eltern verlässlich für ihre Kinder da sind, ihnen Halt geben, sie unterstützen, ermutigen, trösten. Diese Beziehungen haben ihren Zweck in sich selbst, sie werden als solche zerstört, wenn sie zu etwas genutzt werden sollen. Dass nun Familie all das kann und in der Regel besser, als viele mediale Darstellungen es erscheinen lassen, kann einen kaum erstaunen. Erstaunen kann einen allenfalls, wie daran gezweifelt wird, man denke nur an die Berichterstattung während der Pandemie bis heute (exemplarisch hier). Die Vernachlässigung dessen, was Familie leistet, fügt sich dazu, wie sie in der sozialpolitischen und pädagogischen Diskussion häufig betrachtet wird, als defizitäres Gebilde, Eltern fehlten pädagogische Qualifikationen und im Grunde lassen sie sich weitgehend durch Kindertageseinrichtungen ersetzen – so auch die Vorschläge in den letzten Familienberichten (siehe auch hier) und deren offenbar alternativloses Plädoyer für den Ausbau von Ganztagsbetreuung in Kitas und Schulen.

Es sei hier nur erwähnt, dass die COPSYS-Studie „repräsentative Onlinebefragungen“ zur Datenerhebung nutzt, es wird also nach Selbsteinschätzungen gefragt, die Befragten verorten sich in einem vorgegebenen Antwortspektrum, wie es für standardisierter Befragungen üblich ist. Damit erhält man Auskünfte, die kaum etwas von den konkreten Weltdeutungen der Befragten und etwaigen Widersprüchen erkennen lassen, dazu ist dieser Datentyp zu weit weg.

Sascha Liebermann