…man kann darauf gespannt sein, ob er eingelöst wird. In der Ankündigung zum Buch von Jürgen Schupp und Rolf Heinze heißt es:
„Die vorliegende Publikation erweitert konstitutiv das Diskursfeld zum Thema Grundeinkommen, lotet die Möglichkeiten einer Einführung sowie Chancen und Risiken ab. Obwohl alle visionären Vorschläge zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) zumindest in demokratisch verfassten Wohlfahrtsstaaten bislang politisch nicht umgesetzt wurden, wurde die Frage nach der Umsetzung bzw. den Gelingensbedingungen und der Identifizierung möglicher Blockaden nur am Rande behandelt. Auch jüngste Veröffentlichungen zu einem BGE weisen diese politisch-institutionelle „Blindheit“ auf und thematisieren zu wenig die Gründe für das bisherige Scheitern. Ohne eine Überführungsstrategie wird die Idee in Deutschland aber aufgrund einer solchen Implementierungsnaivität scheitern. Im Buch wird deshalb der Diskussionsstand zum Grundeinkommen insofern weiterentwickelt, dass eine Einbindung in wohlfahrtsstaatliche Entwicklungsverläufe und aktuelle Herausforderungen für die „Sicherung der sozialen Sicherung“ vorgenommen wird. Zudem wird anknüpfend an den „stillen“ Wandel zum sozialinvestiven Staat eine sozialwissenschaftliche Einordnung bislang visionär erscheinender garantistischer Elemente eines Grundeinkommensmodells vorgenommen.“
Wurde die Frage nach „Gelingensbedingungen und der Identifizierung möglicher Blockaden nur am Rande behandelt“? Hier wird es sehr darauf ankommen, was die Autoren mit dieser Feststellung verbinden, denn zumindest gab es von Anfang an Hinweise darauf, wie zur Einführung eines BGE angesetzt werden könnte, so schon in den ersten Jahren ab 2004 der Hinweis z. B. Götz W. Werners und anderer auf die Umgestaltung des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer, die Umgestaltung des Kinderfreibetrags und des Regelsatzes im Arbeitslosengeld II bzw. der Sozialhilfe.
Was die Blockaden betrifft, überrascht mich die Feststellung beinahe noch mehr. Als Hürden stets genannt wurden die Erwerbszentrierung im Sinne einer normativen Fundierung des Sozialstaates mit der zu ihr komplementären Abwertung von Sorgetätigkeiten und ein grundsätzliches Misstrauen in die Bereitschaft anderer beizutragen, das von einer deutlichen Diskrepanz zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung geprägt ist. Darüber hinaus wurde schon sehr früh auf den Widerspruch zwischen der Erwerbszentrierung des Sozialstaates und den Grundfesten der ganz realen politischen Ordnung der Demokratie hingewiesen. Angesichts dessen verwundert dann die Feststellung einer „institutionellen Blindheit“ in der Debatte (wer ist gemeint?) und eine geringe Thematisierung der Gründe, woran die Einführung gescheitert ist.
Vielleicht ist es die knallige Aufgabe eines Klappentextes, das derart zugespitzt wird, vielleicht bieten die Autoren tatsächlich Differenzierung, die so noch nicht zu lesen waren, das wäre ein Verdienst.
Sascha Liebermann