…ist deutlich zu erkennen in einem Interview aus dem Jahr 1994, das Martin Kempe geführt hat. Interessant ist das Interview auch als historisches Dokument, das Einblick in damalige Diskussionen gibt, die teils noch aktuell sind. Was sagt Gorz zum Grundeinkommen?
„[Kempe] Wäre ein Grundeinkommen oder Bürgerlohn nicht viel einfacher als Ihr „zweiter Scheck“?
[Gorz]: Weder einfacher noch gerechter. Gegen das bedingungslose Grundeinkommen, das jetzt auch Scharpf und Mitschke [Wirtschaftsberater der SPD, d. R.] propagieren, habe ich immer folgendes eingewendet: Wenn es zu niedrig ist, erlaubt es allen möglichen Profiteuren, in Deutschland chinesische oder ukrainische Löhne für irgendwelche Drecksarbeiten zu zahlen, denn zwei Mark pro Stunde sind ja „besser als nichts“ und ohnehin nur ein „Zusatzeinkommen“. Man subventioniert also nicht die Arbeit, sondern die widerlichsten Ausbeuter. Und wenn das garantierte Grundeinkommen wirklich ausreichend ist, subventioniert und ermutigt man damit die Weigerung, überhaupt etwas zu tun. Man erlaubt dadurch den Arbeitgebern, die ganze notwendige Arbeit den Hochleistern vorzubehalten – die anderen können zu Hause bleiben oder Fußball spielen. In beiden Fällen spaltet sich die Dualgesellschaft immer tiefer. Da finde ich das dänische Modell von Frederickshavn interessanter: gesichertes ausreichendes Normaleinkommen und Pflicht zu einem begrenzten Quantum gesellschaftlich wertvoller Arbeit, die auch selbstbestimmt sein kann und den persönlichen Fähigkeiten und Neigungen Rechnung trägt.“