„Sanktionen sind destruktiv“ – sagt der ehemalige Fallmanager…

Herbert Sternitzke im Interview mit Barbara Dribbusch in der taz. Er gibt Einblick in seine ehemals alltägliche Arbeit und Erfahrungen, das ist erhellend angesichts der vielen Vorurteile, die diesbezüglich anzutreffen sind. Erhellend ist aber auch, wie sich hier etwas zeigt, dass zugleich Ausgangspunkt für die Vorstellung ist, Sanktionen könnten hilfreich sein:

„[taz] Was soll besser werden ohne Sanktionen?

[Sternitzke] Sanktionen sind eine destruktive Form der Motivationserzeugung, wir brauchen aber eine konstruktive Form der Motivationsentwicklung. Viele der Leute haben keine Berufsqualifikation. Eine Arbeitsaufnahme ist viel nachhaltiger, wenn man eine Qualifikation hat, und sei es nur eine Teilqualifikation, auf der man dann aufbauen kann, mit einer qualifizierteren Arbeit und besserer Bezahlung. Das ist dann eine Arbeit, wo die Leute eher dabei bleiben. Daran müssen wir arbeiten, diese Selbstwirksamkeit, auch dieses Selbstvertrauen zu schaffen. Dem steht ein Drohpotenzial durch Sanktionen aber entgegen.“

Motivationserzeugung, Motivationsentwicklung – der Begriff Motivation bleibt hier ganz unscharf, letztlich steht er mehr oder minder für „Antrieb“. Doch dieser lässt sich nicht „erzeugen“, er lässt sich aber auch nicht „entwickeln“, ohne das Gegenüber nicht zum Gegenstand von Erziehungsmaßnahmen zu machen, schließlich hat es das Jobcenter überwiegend mit Erwachsenen zu tun. Wenn jemand keinen „Antrieb“ hat, sich für nichts interessiert, dann muss herausgefunden werden, woher das rührt. Entweder sind diese Interessen nur verschütt gegangen unter einer schwierigen Lebensgeschichte oder tatsächlich nicht entstanden.

„Sind die Anforderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt gestiegen?

Ich denke, jeder Modernisierungsschub in der Wirtschaft löst gesellschaftlich einen gewissen Anteil an Modernisierungsverlierern aus. Das sind Leute, die den schulischen und beruflichen Anforderungen nicht mehr standhalten können. Mir sind in der Beratung junge Männer begegnet, die haben keine Ausbildung und keine Tagesstruktur, die sind computersüchtig geworden, haben sich zurückgezogen in eine eigene Welt. Die sind einfach nicht mehr realitätstauglich. Dieser Fluchtreflex, dieses Abschotten vor der Realität, die ja auch nicht einfach ist auf dem Arbeitsmarkt, das sind keine Einzelfälle, das werden immer mehr.“

Was folgt nun daraus?

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