Eine sehr interessante Diskussion, die auch die Widersprüche deutlich macht, in denen sich die Kritiker der Eigenössischen Volksinitiative bewegen. Theo Wehner wies darauf hin, dass alle Aussagen darüber, was mit einem BGE passieren würde, spekulativ seien, auf sie könne man sich also nicht berufen. Sehr wohl könne man sich aber fragen, welches Menschenbild wir in der Praxis vorfinden und da zeigt sich, dass der Mensch ein tätiges Wesen sei. Darauf setze die Initiative. In der ersten Hälfte spielten etwaige, ebenso spekulative Folgen der Digitalisierung eine große Rolle. Denen könnte man zwar mit einem BGE gelassen entgegen sehen, eine gute Begründung dafür sind sie jedoch nicht (siehe dazu hier).
Es kamen in der Sendung viele der bekannten Argumente pro und contra vor, es zeigten sich alle Widersprüche deutlich, insofern eine sehr gelungene Diskussion. Erschreckend war wieder einmal, wie über Familie von den Kritikern gesprochen wurde. Dass mehr Zeit für Familie, für Väter wie Mütter, etwas Gutes wäre, konnten die Kritiker in keiner Weise erkennen. Dabei kann es heute als Problem gelten, dass nun nicht nur mehr die Väter wenig präsent sind, die Mütter werden es zunehmend ebenfalls sein, wenn die Verherrlichung der Erwerbsarbeit weiter voranschreitet. Für die Familie als Erfahrungsraum von Solidarität und verlässlicher Zuwendung ist das ein sehr schlechtes Zeichen (siehe auch hier und ein kürzlich erschienes Interview mit Remo Largo).
Es sind nicht die Befürworter des BGE, die Erwerbsarbeit ihren Sinn absprechen, es sind die Kritiker, wenn sie immer wieder die „negativen Erwerbsanreize“ hervorheben, die von einem BGE ausgehen sollen. Wenn man es mit den sinnerfüllenden Möglichkeiten von beruflichem Engagement ernst meint, das müssten die Kritiker des BGE, dann dürften sie konsequenterweise den Beruf nicht auf „Anreiz“ durch Einkommen reduzieren. Sie tun es aber und entwerten berufliches Engagement gerade dadurch selbst.
Daniel Straub fragte schon in der ersten Hälfte der Sendung den Bundesrat Berset sinngemäß, ob er den Schweizern nicht zutraue, mit dem BGE vernünftig umzugehen. Das verneinte dieser, doch die weitere Diskussion bezeugte denau das. Dieser Anfangsimpuls, der es erlaubt hätte, die Existenzbedingungen einer republikanischen Demokratie wie in der Schweiz zum Argument für ein BGE zu machen, wurde leider nicht aufgegriffen und weitergeführt. Es ist misslich, dass ein solch zentraler Begründungszusammenhang, der unmittelbar aus dem Heute zum BGE führt, in der Debatte so wenig Berücksichtigung findet.
Der Schweizer tagesanzeiger hat einen Faktencheck zusammengestellt.
Sascha Liebermann