Freude bei den Empfängern des sogenannen Bürgergeldes…

…dürfte bald aufkommen angesichts der Einigung der Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten darüber, dass „Produkte vom Markt verbannt und an den Grenzen beschlagnahmt werden sollen, wenn festgestellt wurde, dass Zwangsarbeit eingesetzt wurde.“ (dpa – zit. n. Hellweger Anzeiger vom 6. März 2024, S. 6) Warum? Laut dem Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit der International Labour Organization von 1930, Art. 2, Abs. 1, das am 1. Mai 1932 in Kraft trat, gilt als „‚Zwangs- oder Pflichtarbeit‘ im Sinne dieses Übereinkommens […] jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.“ (Deutschland hat dies ratifizierts. auch hier) – Also müssen Produkte, die aus Arbeit hervorgehen, die Empfänger von Sozialleistungen unfreiwillig ausüben und nur, um Sanktionen zu entgehen, „vom Markt verbannt werden“. – Welcher Unternehmer will das Risiko schon eingehen?

Thomas Loer

Die lange Denktradition der „Arbeitspflicht aller Arbeitsfähigen“ als „Grundgesetz der sozialisierten Gesellschaft“ – so August Bebel…

…in seiner bekannten Schrift „Die Frau und der Sozialismus“, siehe: Bebel, August (1996 [1879]): Die Frau und der Sozialismus. In: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd 10/1, S. 597:

„Sobald die Gesellschaft im Besitz aller Arbeitsmittel sich befindet, wird die Arbeitspflicht aller Arbeitsfähigen, ohne Unterschied des Geschlechts, Grundgesetz der sozialisierten Gesellschaft. Die Gesellschaft kann ohne Arbeit nicht existieren. Sie hat also das Recht, zu fordern, daß jeder, der seine Bedürfnisse befriedigen will, auch nach Maßgabe seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten an der Herstellung der Gegenstände zur Befriedigung der Bedürfnisse aller tätig ist. Die alberne Behauptung, die Sozialisten wollten die Arbeit abschaffen, ist ein Widersinn sondergleichen. Nichtarbeiter, Faulenzer gibt’s nur in der bürgerlichen Welt. Der Sozialismus stimmt mit der Bibel darin überein, wenn diese sagt: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Aber die Arbeit soll auch nützliche produktive Tätigkeit sein. Die neue Gesellschaft wird also verlangen, daß jeder eine bestimmte industrielle, gewerbliche, ackerbauliche oder sonstige nützliche Tätigkeit ergreift, durch die er eine bestimmte Arbeitsleistung für die Befriedigung vorhandener Bedürfnisse vollzieht. Ohne Arbeit kein Genuß, keine Arbeit ohne Genuß.“

Die Verengung des Arbeitsbegriffs in Vollendung bietet dieses Zitat und der entscheidende Einspruch gegen diejenigen, die meinen, ein BGE sei sozialistisch. Doch es ist vielmehr die heutige Erwerbszentrierung, die im Geist des Sozialismus fortlebt. Ihre Erhaltung bedarf der Sanktionen, um den „Faulenzern“ Beine zu machen. Wie so häufig, ist das Paulus-Zitat verkürzt, siehe hier. Diese Haltung ist das eigentliche Hemmnis für die Einführung eines BGE, man schaue sich nur an, was Oskar Lafontaine einst zu Sanktionen meinte, wirklich distanziert hat er sich davon meines Wissens nicht.

Sascha Liebermann