Konrad Paul Liessmann äußert sich in diesem Interview im Deutschlandfunk deutlich zu unserem gegenwärtigen Verständnis von Arbeit. Die Ausführungen rufen geradezu nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen und dennoch erwähnt er es nicht:
„Liessmann: Wir kriegen es schwer weg, solange wir auch gesamtgesellschaftlich an die Erwerbsarbeit alles binden. Wir binden den Sozialstaat an die Erwerbsarbeit, wir binden die Position, die Stellung, die Anerkennung eines Menschen an die Erwerbsarbeit, wir binden seine Krankenversicherung, seine Sozialversicherungen an die Erwerbsarbeit.
Das heißt, wer jetzt nicht in diesem klassischen Sinne Erwerbsarbeit hat oder Lohnarbeit vorzuweisen hat, einen Arbeitsplatz vorzuweisen hat, ist sofort im Verdacht, ein Schmarotzer zu sein, ein Fall für den Sozialstaat zu sein, nicht selber tätig sein zu können, unfähig zu sein, faul zu sein. Das heißt, das geht sofort, und daher ist völlig klar, dass der Arbeitsplatz und diese Erwerbsarbeit nach wie vor im Zentrum steht.
[…]
Liessmann: Ja, das ist schon richtig. Ich habe auch keine Sorge, dass auch ein Mensch, der nicht ständig unter der Knute der Erwerbsarbeit steht, dass der untätig wäre. Wir sind ja gerne aktiv. Wir sind ja neugierige Menschen. Wir sind auch Menschen, die gerne Schwierigkeiten versuchen zu meistern. Das merken wir ja an unserem Freizeitverhalten, wie viele Menschen in ihrer Freizeit, wo sie es nicht tun müssten, ziemlich aufwendige, schwierige, komplizierte, zum Teil auch gefährliche Dinge machen.“
Dabei ist ihm die Diskussion um das BGE offenbar bekannt und er hält sie für „berechtigt“. Doch hält er es oder hielt er es für eine „unausgegorene Forderung“. Weshalb sie unausgegoren ist, erklärte er nicht.
Sascha Liebermann