Bedingungsloses Grundeinkommen – eine „Mitleidsökonomie“?…

…das es dies sei, behauptet Heinz-Josef Bontrup in der Frankfurter Rundschau in seinem Beitrag „Die Politik denkt nicht mehr kausal“. Die heutige Wirtschaftspolitik komme ohne kausales Denken aus, darin bestehe ihr Problem. Symptome werden nicht mehr auf Ursachen zurückgeführt, an den Symptomen werde herumgedoktert. Wirklich kurierende Maßnahmen gegen Massenarbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse und Einkommensungleichheit – Fehlanzeige. Was schlägt er vor?

„Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich sowie die Förderung eines öffentlichen Beschäftigungssektors wären die richtigen Instrumente.“

Doch was würde das verändern und was hätte es zur Folge?

(Erwerbs-)Arbeitszeitverkürzung um der Zeitverkürzung willen, ohne dass sie zum einen ins Verhältnis zur Aufgabe, zu sachlichen Anforderungen, zum anderen zur Bereitschaft des Einzelnen gesetzt wird, behandelt Erwerbsarbeit nur von einer formalen Seite. Nicht mehr die Bewältigung einer Aufgabe steht damit im Zentrum, vielmehr sollen an ihr möglichst viele, wenn nicht alle „teilhaben“. Arbeitszeitverkürzung um der Verkürzung ist weder leistungsfördernd noch dem Einzelnen gemäß. Sie geht über ihn hinweg (siehe auch hier und hier). Ein BGE würde einen anderen Zugang zu der Frage, wieviel Erwerbsarbeit will der Einzelne leisten, eröffnen.

Dann erst folgt der Passus, in dem von „Mitleidsökonomie“ die Rede ist:

„Oder ein anderes Beispiel: Das bedingungslose Grundeinkommen, vielfach gefordert. Hier soll durch eine Mitleidsökonomie verarmten und wirtschaftlich ausgegrenzten Menschen Linderung verschafft werden, ohne aber die Ursache, Arbeitslosigkeit und die Umverteilung der Wertschöpfung zu den Kapitaleignern, aus der Welt zu schaffen.“

„Linderung“? Ein BGE würde die „Menschen“ ernst nehmen und sie um ihrer selbst willen absichern, ohne diese Absicherung mit einer Beaufsichtigung zu verbinden. Es mag kein Zufall sein, dass die Seite der Beaufsichtigung durch den heutigen Sozialstaat bei Bontrup keine Rolle spielt. Und seine Fixierung auf Erwerbstätigkeit spricht für sich. Dass ein BGE als solches eine erhebliche Umverteilung mit sich brächte, übergeht er einfach.

Sascha Liebermann