Im eigenen Saft schmorend – zu einer zustimmenden Rezension von „Irrweg Grundeinkommen“

Auf der Website Wirtschaft und Gesellschaft ist eine Rezension zum Buch Irrweg Grundeinkommen erschienen. Der Autor, Thorsten Hild, bemerkt an einer Stelle:

„…Diese Grundvoraussetzung sehen die Autoren beim BGE nicht gegeben. Die Begründungszusammenhänge, mit denen Flassbeck , Spiecker, Meinhardt und Vesper das BGE angreifen, sind dabei deutlich anspruchsvoller als die BGE-Modelle selbst. Sie analysieren nicht weniger als die Grundvoraussetzungen, die für die Freiheit des Einzelnen gegeben sein müssen, ohne die Freiheit anderer einzuschränken…“

Hat der Autor sich mit differenzierten Begründungen eines BGE befasst und auch die schon erschienen Erwiderungen zum Buch Irrweg Grundeinkommen zur Kenntnis genommen? Sicher gibt es oberflächliche oder auch schiefe BGE-Begründungen. Wir haben die These vom Ende der Arbeit, die als solche schon ungenau ist, nie geteilt, und sind damit nicht die einzigen. Der Slogan Freiheit statt Vollbeschäftigung z.B. bezieht sich nicht auf die Frage, ob Vollbeschäftigung wieder erreichbar ist, sondern dass sie nicht vorrangiges Ziel politischer Anstrengungen sein soll, nicht Ziele ihm untergeordnet werden sollen und letztlich Erwerbstätigkeit nicht den Rang behalten soll, der ihr heute zugemessen wird. Solche Unterscheidungen finden sich bei Thorsten Hild nicht einmal, wie soll es da zu einer differenzierten Diskussion kommen?

Siehe z.B. Sascha Liebermann “Die falsche Solidarität” oder fehlendes Vertrauen? – Anmerkungen zu “Irrweg Grundeinkomen”  (der Beitrag bezieht sich auf einen Artikel der Verfasser des Buches, nicht auf das Buch) und  „“Konstruktionsfehler des Grundeinkommens“ oder der Einwände dagegen?““ (der Beitrag befasst sich mit einer ähnlich angelegten Kritik am BGE wie die von Flassbeck et al.) Andere haben sich zu dem Buch schon geäußert, siehe Ingmar Kumpmann sowie Ronald Blaschke und Herbert Wilkens. Herbert Wilkens hat auch eine aufschlussreiche Korrespondenz mit Jens Berger geführt, der der Argumentation von Flassbeck et al. folgt
Interessant ist auch der Kommentar zum Beitrag von Herbert Wilkens von Manfred Bartl, einem Unterstützer der Nachdenkseiten, zu denen auch Jens Berger gehört.

An einer ernsthaften Auseinandersetzung scheint gar kein Interesse zu bestehen, das zeigen sowohl die Thesen von Heiner Flassbeck et al., Jens Berger, Albrecht Müller und nun auch die Rezension von Thorsten Hild. Die Autoren schmoren im eigenen Saft, ihre Analysen fußen auf Wertvortstellungen, die nicht aufgegeben werden dürfen – aus ihrer Sicht. Viele Thesen und Behauptungen darüber, dass ein BGE so allgemein gesprochen, sich selbst das Wasser abgrabe, sind nur plausibel, wenn die Begründungszusammenhänge, die vorausgesetzt werden, unhinterfragt bleiben. Obwohl Thorsten Hild auf das „Hinterfragen“ große Stücke hält und sich in seinen Dienst stellt, ist in der Rezension davon nicht allzuviel übrig. Schmoren im eigenen Saft statt differenzierter Auseinandersetzung ist das Resultat.

Sascha Liebermann