Diese Frage leitet den Beitrag von Tobias Peter in der Frankfurter Rundschau ein. Er schreibt mit Bezug auf den jüngst vorgebrachten Vorschlag, den Regelsatz der Grundsicherung zu erhöhen:
„Eine reiche Gesellschaft muss sich daran messen lassen, was sie für die Ärmsten tut. Gleichzeitig gilt: Es gibt nur wenige Länder, in denen man mit Blick auf die soziale Absicherung lieber durch die Corona-Krise kommen würde.“
Sind aber die Ärmsten als Arme Bezugspunkt oder sie als Bürger des Gemeinwesens? Das scheint auf den ersten Blick keinen Unterschied zu machen, auf den zweiten jedoch ist er beträchtlich, weil der Zweck sozialstaatlicher Leistungen dann nämlich eine andere Richtung erhält. Die Ärmsten des Einkommensmangels wegen zu unterstützen, beinhaltet heute, dass die Unterstützung endet, wenn der Einkommensmangel behoben ist. Der Status als Armer bleibt einer, aus dem hinauszugelangen das Ziel sein muss, er gilt als unerwünscht (siehe hier und hier).
Damit wird nach den Gründen für den Mangel nicht gefragt bzw. wird er schlicht damit beantwortet, ihn durch Erwerbsteilnahme zu überwinden (was auch nicht sicher ist). Den Sozialstaatsauftrag als Schutzauftrag für die Bürger zu verstehen, würde aber in eine andere Richtung weisen, dann gälte es nämlich, ihre Selbstbestimmungsmöglichkeiten soweit abzusichern, wie es durch solche Leistungen möglich ist. Die dafür eingesetzte Einkommenssicherung hätte nur diesen Zweck und würde nicht von Erwerbseinkommen oder anderen Einkommensarten abhängig sein. Genau in diese Richtung weist ein Bedingungsloses Grundeinkommen – und damit kämen wir noch viel besser durch die „Corona-Krise“, weil alle grundsätzlich abgesichert wären.
Über eine Kindergrundsicherung bzw. ein Kindergrundeinkommen bräuchten wir dann gar nicht mehr zu reden, wohnt dem ohnehin ein sonderbarer Gedanke inne, und zwar die Absicherung der Kinder unabhängig von der der Eltern zu betrachten.
Sascha Liebermann