„Bedingungsloses Grundeinkommen für Bauern: Unsinn oder Hilfe?“…

…darüber schreibt Olaf Zinke in agrarheute und stellt etwaige Vor- wie auch Nachteile eines BGE dar. Dabei wird die Lage der Landwirte heute ganz realistisch dargestellt, einer wird zitiert, der die Möglichkeiten eines BGE für hilfreich erachtet, dennoch überwiegen für den Autor die Nachteile, besser gesagt die vermeintlichen Nachteile. An einer Stelle heißt es:

„Und es hat auch damit zu tun, dass das landwirtschaftlichen Einkommen aus dem Verkauf der landwirtschaftlichen Produkte eben nicht zur Sicherung der Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe ausreicht. In Deutschland bestand das Einkommen der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe zuletzt zu 42 % aus Zahlungen aus Brüssel – im Biolandbau lag dieser Anteil sogar bei 72 % und im Nebenerwerb war er noch höher.“

Hier also ganz ungeschminkt die Gegenwart, allerdings, selbst wenn nun das Einkommen aus der Landwirtschaft zur Sicherung der Existenz ausreichen würde, änderte das an den Vorteilen eines BGE nicht, denn die Landwirte wären eben nicht im selben Maße vom Absatz ihrer Produkte abhängig. Das würde gerade kleineren Betrieben entgegen kommen – wie auch Olaf Zinke mit Rückgriff auf Befürworter eines BGE rund um die Eidgenössische Volksinitiative, die 2016 zur Abstimmung stand, schreibt. Dann heißt es an einer anderen Stelle:

„Die meisten Landwirte wünschen nicht noch mehr an Auflagen geknüpfte Zahlungen aus Brüssel, sondern vielmehr auskömmliche Preise für ihre Produkte und ihre Arbeit und so eher ein Einkommen ganz ohne Zuschüsse jeder Art – seien sie nun an Bedingungen geknüpft oder auch nicht.“

Zum einen wird hier ein Vorteil deutlich, weil ein BGE ohne Auflagen daherkäme, zum anderen zeigt die Passage auch eine überhöhte Vorstellung von Eigen- bzw. Selbständigkeit, denn selbst wenn Zuschüsse und Subventionen wegfielen, besteht grundsätzlich eine Abhängigkeit fort, die in Gemeinwesen immer gegeben ist: der Bürger voneinander, von der Normbindung und Rechtsordnung, von der Infrastruktur. An einer weiteren Stelle wendet Olaf Zinke dann ein Befragungsergebnis überraschenderweise gegen ein BGE, obwohl es dafür spricht:

„Doch sicher ist das natürlich nicht. Das Wirtschaftsmagazin Brand 1 hat schon 2009 die Frage gestellt: Wer würde bei einem BGE noch arbeiten? Danach sagten 90 Prozent der Befragten, sie würden eher weiter arbeiten. Doch gleichzeitig glaubten 80 Prozent, „die anderen“ würden aufhören zu arbeiten. Und das entspricht im Grunde auch den Erkenntnissen der Ökonomen (siehe unten).“

Moment, weshalb spricht das gegen ein BGE? Gehen wir einmal davon aus, dass eine solche Befragung belastbare Daten lieferte (was sie nicht tut), dann würde aus ihr etwas anderes folgen, als Olaf Zinke daraus schließt; dann würden die Befragten eben weiter ihrer Tätigkeit nachgehen, denn es gälte für alle, die zu den 90 Prozent gehören dasselbe. Daran änderte sich, laut Befragung, nichts, obwohl angenommen wurde, die anderen verhielten sich anders. Ergo: ein BGE wäre diesbezüglich nicht wirklich ein Problem.

Dass der Autor sich für zwei weitere Fragen nur auf die vor kurzem vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlichte Studie (hier mein Kommentar) bezieht, soll hier bloß festgestellt, einem Gerücht allerdings muss hier noch entgegengetreten werden. Ein BGE widerspricht nicht dem Subsidiaritätsgedanken (siehe auch hier), sofern er von Annahmen befreit wird, die ihm häufig untergeschoben werden. Wie selbstverständlich wird in diesem Zusammenhang behauptet, diesem Gebot zufolge habe der Einzelne zuallererst für sich selbst zu sorgen, nur wenn das nicht gelinge, solle eine übergeordnete Instanz helfend einschreiten. Das ist eine schon vom Erwerbsgebot ausgehende Umdeutung des Subsidiaritätsgedankens, in dessen Zentrum aber vielmehr die Handlungsfähigkeit des Individuums als kleinster sozialer Einheit steht. Von dort aus gedacht wäre ein BGE naheliegend, um nämlich diese Handlungsfähigkeit in der Breite zu unterstützen, somit auch „unbezahlte Arbeit“ möglich zu machen, von der letztlich alle abhängig sind.

Sascha Liebermann