„Es geht nicht um anstrengungslosen Wohlstand“…

…ein denkbarer Kontrast zur Warnung vor den „Arbeitsverweigerern“ in der Diskussion um das Bürgergeld sind Ausführungen Götz Werners in einem Gespräch mit Planet Interview aus dem Jahr 2010. Man kann dies – wie immer wieder geschehen – als naiv abtun, die Überlegungen haben allerdings einiges für sich, wenn man sich die Zusammenhänge klar macht.

„Der Mensch in seiner Grundveranlagung versucht, Arbeit einzusparen und nicht Arbeit zu schaffen oder zu sichern. Er bemüht sich um einen sparsamen Umgang mit Ressourcen wie Zeit und menschliche Arbeit. Er will in der gleichen Zeit mehr schaffen, das führt zur Streichung von Arbeitsplätzen. Dass wir darin ein Problem sehen, liegt nur daran, dass wir Arbeit und Einkommen miteinander verkoppeln.“

Von einer „Grundveranlagung“ zu sprechen ist verkürzt, die Richtung hingegen nicht, wenn die Sache selbst betrachtet wird: Handlungsprobleme müssen gelöst, Arbeitsgänge also erledigt, bestenfalls reduziert statt vermehrt werden. Kaum jemand wird ernsthaft dafür plädieren, auf Automatisierungsmöglichkeiten zu verzichten, wo sie sinnvoll sind, Menschen zu entlasten und Lebenszeit frei werden lassen. Möglich ist das aber nur mit einer entsprechenden Haltung gegenüber Handlungsproblemen, die sich nicht erzwingen lässt, sie muss sich herausbilden (Sozialisation). Wer meint, mit Sanktionen, gar schärferen, wäre das zu erreichen, geht an der Sache vorbei. Entsprechend heißt es an einer anderen Stelle:

„Je besser sich die Mitarbeiter mit ihrer Arbeit verbinden können, desto kreativer, initiativer und desto leidenschaftlicher machen sie ihre Arbeit und das ist die Grundlage für den Erfolg.“

Wer sich damit nicht „verbinden“ kann, hat womöglich eine zu ihm nicht passende Aufgabe, schlechte Arbeitsbedingungen oder beides. Es geht also um ein Passungsverhältnis, das sich nicht durch Druck erreichen lässt. Insofern führt der Vorschlag der CDU nur zurück zu den Irrwegen unter „Hartz IV“, weder ist das innovations- noch kreativitätsfördernd.

„Beim bedingungslosen Grundeinkommen geht es nicht um anstrengungslosen Wohlstand, sondern um die Sicherung einer bescheidenen, aber menschenwürdigen Existenz. Anstrengungslosen Wohlstand erlebt man im Jetset, das hat mit bedingungslosem Grundeinkommen gar nichts zu tun. Wer ein Grundeinkommen hat, der kann zeigen, was in ihm steckt, denn er muss sich nicht an einen unbefristeten Arbeitsvertrag festklammern, er kann Risiken eingehen.“

„Anstrengungslos“ kann das Leben gar nicht sein, denn niemandem wird es abgenommen, es zu führen. Daran kann man scheitern, das ist aber nicht die Regel; damit kann man ringen, das ist nicht ungewöhnlich, dann bedarf es der Suche nach passenden Antworten bzw. Lösungen. Bei allen Beratungs- und Therapiemöglichkeiten, die dabei zurategezogen werden können, am Ende hängt es vom Einzelnen ab, damit zurechtzukommen. Nur wer das nicht vermag, bedarf womöglich dauernder Begleitung, auch das ist ein Grenzfall und nicht die Regel. Wer aus dem Grenzfall die Regel machen will und annimmt, die allgemeine Sanktionsdrohung in der Grundsicherung sorge für Lösungen, verkehrt die Verhältnisse.

„Wir haben schon viele grundeinkommensähnliche Elemente, Steuerfreibeträge oder Kindergeld zum Beispiel. Wir erkennen langsam, dass wir ein Einkommen brauchen, wenn wir in dieser Gesellschaft leben wollen und dass es unabhängig sein muss von Arbeit.“

Tja.

„Hartz IV ist offener Strafvollzug“ (Arno Luik im Gespräch mit Götz W. Werner im stern)

Sascha Liebermann