An den Voraussetzungen für Leistung vorbei…

…redet Carsten Linnemann, CDU, wie im Kommentar zurecht angemerkt wird. Aus der „Bringschuld“ folgt keine Leistungsfähigkeit, sie ist eben nicht beliebig, sondern an Interessen und Neigungen, an Fähigkeiten, gebunden. Eine kluge Sozialpolitik müsste es also ermöglichen, dass diese Neigungen sich ihren Weg bahnen können, das müsste eine Sozialpolitik der Ermöglichung sein. Man könnte das für eine Binsenweisheit halten, aber sowohl die bestehende Sozialpolitik wie auch die Vertreter von Unternehmerverbänden gegen davon nicht aus, wie an vielen Äußerungen abzulesen ist, in denen stets Beschäftigung vor Wertschöpfung rangiert. Wir klammern hier einmal ganz aus, wie eng Linnemanns Leistungsverständnis ist und dass unbezahlte Arbeit ebensowenig berücksichtigt wird wie die Stellung der Bürger im Gemeinwesen: es gibt im Grundgesetz keine Erwerbsverpflichtung, und zwar aus gutem Grund.

Sascha Liebermann

„…dass der Mensch und seine Entscheidung im Mittelpunkt stehen…“…

…eine treffende Charakterisierung. Dazu gehört auch eine solche Äußerung, die von Unternehmern sonst kaum zu vernehmen ist:

„Ich muss wirklich sagen, dass ich dieses Gerede von der Schaffung neuer Arbeitsplätze langsam nicht mehr hören kann. Warum wird dem so wenig widersprochen? Die Wirtschaft hat nicht die Aufgabe, Arbeitsplätze zu schaffen. Im Gegenteil. Die Aufgabe der Wirtschaft ist es, die Menschen von der Arbeit zu befreien. Und das ist uns in den letzten 50 Jahren ja auch grandios gelungen.“

In: Stuttgarter Zeitung (2005): Die Wirtschaft befreit die Menschen von der Arbeit, 150, 2. Juli 2005, S. 13, http://www.archiv-grundeinkommen.de/werner/StZ-Interview-Goetz-Werner.pdf

Siehe dazu auch hier, hier und hier sowie unseren Nachruf zu seinem Tod vor etwas mehr als einem Jahr.

Sascha Liebermann

Wertschöpfung oder Beschäftigung?…

…Arfst Wagner weist auf etwas hin, das selbstverständlich sein müsste. In der Geschichte der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen ist zumindest für Deutschland anhand des Arbeitsvolumens pro Kopf der Bevölkerung, wie Gerhard Schildt es zu ermitteln versucht hat, gut zu erkennen, dass der Zeitaufwand für die Herstellung der in Anspruch genommenen Güter und Dienstleistungen in Deutschland sehr stark gesunken ist seit 1880 (siehe auch „Geht der Gesellschaft die Arbeit aus?“). Das könnte man als Bestätigung dafür lesen, wofür der Verweis auf Götz W. Werners Äußerung hier steht (siehe dazu auch hier, hier und hier). Stattdessen wird Erwerbsarbeit nicht an diesem Ziel gemessen, sondern mit einem sozialfürsorgerischen Auftrag verbunden: „Beschäftigung“ muss geschaffen werden, sei es als Selbstzweck, sei es als „Integrations“-Maßnahme“. Es geht eben gar nicht vorrangig um Leistung und Rückgewinnung von Lebenszeit, wie es scheint, sondern um eine pädagogisierende oder paternalistische Versorgung mit Aufgaben und „Teilhabe“ (passiv), statt Möglichkeiten der Selbstbestimmung, des Teilnehmens zu stärken, dann würde man sehen, was der Einzelne als wichtig und richtig erachtete.

Sascha Liebermann

Beschäftigung statt Leistung und Wertschöpfung…

…siehe dazu unsere Beiträge hier.

Ob nun Chat GPT die Folgen hat, die hier benannt werden, werden wir sehen. Ein BGE begründet das alleine nicht und schon gar nicht vor allem.

Sascha Liebermann

Treffend,…

…wenn das so zu verstehen ist, dass ein Wollen die Voraussetzung für jedes Gelingen ist. Wer der Auffassung ist, mittels der sanktionsbewehrten Verpflichtung zu Erwerbstätigkeit würde auf lange Sicht irgend etwas gewonnen aus „Beschäftigung“, geht letztlich davon aus, dass im Zweifelsfall nur Druck zum gewünschten Ergebnis führt. Wie ist das noch einmal mit den Grundfesten unserer Demokratie und der Mündigkeit?

Sascha Liebermann

Unternehmen sind was noch einmal? Ach ja, Erziehungsanstalten…

…oder besteht ihre Aufgabe nicht doch in der Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen mit leistungsbereiten Mitarbeitern? Das scheint tatsächlich nicht so klar zu sein, wie sonst könnte Merz auf die Idee kommen, dass Sanktionen dazu führen könnten, leistungsbereite Arbeitgeber und ebensolche Mitarbeiter zusammenzubringen.

Siehe auch frühere Kommentare dazu hier und hier.

Sascha Liebermann

Eine legitime Antwort…

…und zugleich muss ein Unternehmen dennoch darauf wertlegen, dass ein Mitarbeiter zu den Aufgaben und dem Kollegialverständnis passt. Mit einem BGE könnte das erheblich einfacher sein, weil eine Bewerbung nicht mehr in demselben Maße nötig wäre, um „Rechnungen [zu] zahlen“. Das wäre eine entscheidende Voraussetzung dafür, Bewerbungsgespräche für beide Seiten zu erleichtern und alle Karten auf den Tisch zu legen – ganz im Dienste des Zweckes, Güter- und Dienstleistungen bereitzustellen und das unter den bestmöglichen Bedingungen zu tun, statt Lebenszeit ineffektiv und ineffizient zu vernutzen.

Sascha Liebermann

„Arbeitskräftemangel bekämpft man nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen“ – Unternehmen als Erziehungsanstalt?

Diese Frage stellt sich, wenn man eine Pressemitteilung der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände e. V. liest (auf deren Internetseite konnte ich sie nicht finden). Es heißt dort:

„Wir brauchen jede und jeden im Arbeitsmarkt. Arbeitskräftemangel bekämpft man nicht mit einem bedingungslosen Grundeinkommen. Das Aussetzen der Sanktionen bei gleichzeitigen sehr großzügigen Regelungen zum Vermögensschutz durch den sog. vereinfachten Zugang zur Grundsicherung bis Jahresende wäre faktisch ein bedingungsloses Grundeinkommen.“

Da es nur um eine vorübergehende Aussetzung von Sanktionen geht bislang (bis Jahresende) und selbst das vorgeschlagene Bürgergeld eine Mitwirkungsverpflichtung kennt, ist der Schritt zum BGE doch noch ziemlich weit, denn wo es Mitwirkungspflichten geben soll, muss es Sanktionsinstrumente geben. Außerdem muss ALG II immer noch beantragt werden, auch das unterscheidet es vom BGE. Die Furcht des BDA vor einem BGE muss erheblich sein, wenn er sie hier vorbringt, dabei vergisst er nicht nur genau hinzuschauen, sondern er verliert auch das Verhältnis von Arbeitskrafteinsatz und Wertschöpfung aus den Augen. Man braucht eben nicht „jede und jeden im Arbeitsmarkt“, sondern diejenigen, die eine entsprechende Leistungsbereitschaft haben und in vielerlei Hinsicht Aufgaben verlässlich übernehmen können und wollen. Keinem Bäcker ist damit geholfen, wenn er Mitarbeiter stetig beaufsichtigen muss, was dennoch manche nicht davon abhält, schärfere Sanktionen zu fordern (siehe hier und hier). Außerdem stellt sich die Frage, wo in welchem Umfang Arbeitsgänge auf Automaten übertragbar sind und inwiefern hier noch vieles möglich ist, das nicht genutzt wird – auch das diente der Wertschöpfung und der Rückgewinnung von Lebenszeit. Dort, wo eine Automatisierung nicht möglich ist, wäre über Arbeitsbedingungen zu reden, und wer es damit ernst meint, muss ein BGE nicht fürchten, denn an Leistungsbereitschaft mangelt es nicht, wie die Pressemitteilung selbst erkennen lässt:

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Was ist die Aufgabe des Wirtschaftens, die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen oder „Beschäftigung“?…

…diese Frage stellt sich, wenn man den Ausführungen Volker Wielands folgt, der in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahresgutachten des Sachverständigenrats sich zur Auswirkungen einer Vermögenssteuer äußerte. Er sei dagegen, denn sie werde sich auf Arbeitsplätze auswirken, auf

„Arbeitsplätze, die geschaffen werden, die wir ja brauchen, um die Menschen in Beschäftigung zu bekommen und zu halten“

Brauchen wir Arbeitsplätze einfach so oder brauchen wir sie dann, wenn sie zur Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen notwendig sind?

Was ist die Aufgabe des Wirtschaftens, die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen oder „Beschäftigung“?… weiterlesen