…und berichtet in Zeit Online (Bezahlschranke) über ihre Erfahrungen mit Bewerbungsgesprächen, zu denen Bezieher von Arbeitslosengeld II durch die Sanktionsmöglichkeiten gedrängt werden. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu (siehe auch hier und hier), es gab sie auch schon zu Zeiten des Arbeitsamtes vor der „Agenda 2010“, an Bedeutung hat sie nichts verloren:
„Ich glaube, da gibt es einen konkreten Fehler im System: Wieso sollen Menschen zu Bewerbungsgesprächen gehen, wenn sie den Job eigentlich nicht wollen? Auch die Firma hat nichts davon, wenn sie jemanden anstellt, der oder die keine Lust hat, dort zu arbeiten. Es wäre viel sinnvoller, sich mit den Arbeitssuchenden zusammenzusetzen und zu fragen, was demjenigen liegt. Dazu fehlt den Arbeitsvermittlerinnen leider aber oft die Zeit – wobei der rechtliche Rahmen dazu ja möglicherweise gerade geändert wird.“
Dass auch Arbeitgeber nicht unbedingt diese Zusammenhänge sehen und offenbar ihren Betrieb als Erziehungsanstalt betrachten, dazu hier und hier. Stattdessen, so im Zeit-Beitrag deutlich, müsste es eine wirkliche Beratung geben, die aber nur möglich ist, wenn keine Sanktionen drohen. Erst dann wäre erreicht, was manche mit der Umdeklarierung von Arbeitslose in Kunden und der Verbrämung von Vorladungen zu Einladungen heute schon erreicht sehen. Erst mit wirklichen Beratungen, die ausgeschlagen werden können, wäre eine Wende erreicht, die sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer hilfreich wäre. Dann könnte anders über den vermeintlichen Fachkräftemangel diskutiert werden, hinter dem womöglich öfter als gedacht das Problem steht, dass Neigungen und Interessen eines Arbeitnehmers nicht zum Arbeitsplatz und der damit definierten Aufgabe passen bzw. die Arbeitsbedingungen nicht der Aufgabenerledigung förderlich sind. Doch das Schlagwort vom Fachkräftemangel verkleistert diese Zusammenhänge und schiebt sie einseitig und verkürzt auf fehlenden Arbeitnehmer.
Sascha Liebermann