In seinem Beitrag im Deutschlandfunk wies Frank Capellan auf Widersprüche in den Verlautbarungen der SPD zu einer Abkehr von Hartz IV hin. Wer von Hartz IV und dem damit verbundenen Stigma wegwolle, müsse ernsthafte Schritte ergreifen, die wären aber nur mit einem bedingungslosen „Grundeinkommen“ möglich. Andrea Nahles wie auch andere führende SPD-Politiker seien dafür nicht zu haben.
Der SPD attestiert er, dass sie an der alten Maxime festhalte, es gebe kein Einkommen ohne Arbeit. Dann heißt es:
„Aber all das ist nicht mehr als ein Drehen an Stellschrauben des Systems. Dazu gehört auch eine dringend gebotene Neubewertung des Schonvermögens. So schlecht, wie es viele Linke in der Partei gerne machen, ist Hartz IV nicht. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe hat es vielen Bedürftigen überhaupt erst möglich gemacht, gefördert und wieder in einen Job vermittelt zu werden. Dabei muss es bleiben, und in der bestehenden Koalition wird die SPD an Hartz IV ohnehin nicht viel verändern können. Dass sie mit ihrer Parteitagslyrik Erwartungen weckt, die sie nicht halten kann, dürfte die Chefin wissen. Es ist ein gefährliches Spiel, denn das könnte der SPD mehr schaden als nutzen. Hinter sich lassen werden die Sozialdemokraten jedenfalls so schnell gar nichts!“
Eine realistische Einschätzung, wie es scheint, und ein treffender Hinweis darauf, dass die SPD nur rhetorisch auf Abkehr gebürstet ist, sonst aber vieles beim Alten lassen wird. Was Capellan, vielleicht zu realpolitisch nicht sieht, ist, welche Chancen ein BGE bieten könnte, vom Klein Klein wegzukommen, denn mit einem liegt er vollkommen richtig: der Stigmatisierung durch Hartz IV ist innerhalb des bisherigen Sozialstaatsgefüges nicht beizukommen. Gerade ein BGE würde aus Angeboten zur Förderung oder Weiterbildung echte Angebote und nicht Vorladungen machen. Hier sieht Capellan nicht, wodurch der gegenwärtige Sozialstaat gerade Autonomie schwächt statt stärkt.
Sascha Liebermann