…handelt ein Beitrag einer anonymen Autorin, der auf Zeit Online veröffentlicht wurde. Was sie darin beschreibt und kritisch betrachtet, entspricht in vielerlei Hinsicht einer heute verbreiteten Vorstellung von Selbstbestimmung, die unter dem Stichwort „Wahlfreiheit“ Beziehungsminimierung als Fortschritt versteht. Dem entspricht eine Sozialpolitik, die außerhäusliche Betreuung (siehe auch hier) zum Nonplusultra erklärt, Begründungen dafür gibt es viele: den Kampf gegen Armut, Ungleichheit, die Erhöhung von Bildungschancen, die Aneignung von Social Skills – all das geschehe in diesem Alter im Grunde besser in einer Kita. Kinder werden vor allem als Beschränkung von Wahlfreiheit verstanden und das passt auch zu diesem Begriff, der ja nur die Wahl, nicht aber die Folgen betrachtet. Dabei lässt sich, sofern Kindern die Möglichkeit gegeben wird, leicht herausfinden, was sie am liebsten tun und wann etwas anderes ansteht. Auch das taucht in diesem Beitrag auf, dass ab einem bestimmten Alter der Kindergarten zum interessanten Ort wird, aber nicht für alle Kinder zum gleichen Zeitpunkt, für manche schon mit drei, für andere später.
Die Autorin, die selbst in prekären Einkommensverhältnissen als alleinerziehende Mutter lebt, beschließt ihren Beitrag, ohne anderen vorschreiben zu wollen, wie sie es zu tun hätten, mit folgendem Wunsch:
„Würden mehr Eltern Mut zur Lücke beweisen und ihr Kleinkind nur einen halben Tag fremdbetreuen lassen, könnten wir uns trauen, zu sagen, dass wir einen schönen Nachmittag mit dem Kind verbringen. Mit Vorlesen und Spielen und Toben. Wann werden wir noch mal so gewünscht wie in dieser Phase? Wann bedeutet unsere Zuwendung mehr als jetzt? Aus der gemeinsamen Zeit könnte ein Fundus entstehen, aus dem Kinder und Eltern viele Jahre schöpfen können.“
Ein BGE könnte genau das unterstützen, ohne Vorschriften zu machen. Im Beitrag wird deutlich, welch normativer Druck durch das Erwerbsgebot ausgeübt wird, dass Emanzipation und Autonomie mit Wahlfreiheit und Beziehungsminimierung verwechselt werden. Wer das ändern will, muss etwas tun.
Sascha Liebermann