Und noch einmal: Wozu Zeit für Familie?

In der Sendung „Unter den Linden“ (Phoenix) ging es kürzlich um „Armut in Deutschland – Wer hat warum zu wenig?“. Ganz ähnlich wie in der Anhörung im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend des Landtags von Nordrhein-Westfalen ging es darum, was gegen Armut unternommen werden könne. Dabei fiel das Stichwort Kindergrundsicherung, die in der Anhörung ebenfalls eine große Rolle spielte. Ganz wie dort war derselbe Widerspruch auszumachen, dass, wenn über Familie und wie ihnen geholfen werden könnte, Vorschläge unterbreitet wurden, die Familien gerade nicht besonders helfen. Wer, wie Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (diw), auf den Wunsch von alleinerziehenden Frauen hinweist, mehr als nur Teilzeit erwerbstätig sein zu wollen und damit die Forderung nach einem Ausbau von Kinderbetreuung verbindet, unterstützt vermeintlich diese Familien. Tatsächlich jedoch tut er das Gegenteil, denn mehr Erwerbstätigkeit heißt weniger Zeit für Familie. Gerade wo nur ein Elternteil vorhanden ist, würde deren Zeit für sein Kind bzw. seine Kinder noch mehr reduziert.

Siehe meinen Kommentar zur Anhörung über Kindergrundsicherung, bedingungsloses Grundeinkommen im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Sascha Liebermann

Marcel Fratzscher über das Bedingungslose Grundeinkommen…

… in „Algorithmen, Roboter, hybride Teams – Arbeitswelt 4.0“ im Rahmen der Sendung HR2 Der Tag. Ab Minute 37’27 etwa geht es um das BGE. Fratzscher erweist sich in seiner Zurückweisung als waschechter paternalistischer Sozialdemokrat der Gegenwart, wenn er im BGE ein Instrument sieht, mittels dessen Menschen („schwächere Gruppen“) darum gebracht werden, ihre Talente zu benutzen. Es darf dann der Hinweis darauf nicht fehlen, wie wichtig es sei, dass mehr Plätze in Ganztagskitas und -schulen geschaffen werden.
Wozu brauchen Kinder denn schon Zeit in der Familie? Bildungsangebote, so früh wie möglich, helfen, „employability“ „sicherzustellen“!

Auf alten Wegen dahindümpeln – Altersarmut bei Anne Will

Eine solche Diskussion, die mit den ewig alten und gleichen Antworten aufwartet, muss man wohl als Symptom dafür sehen, weshalb es nicht vorangeht. Solange dem Einzelnen nicht mehr zugetraut wird und er nicht seiner Stellung als Bürger gemäß wahrgenommen wird, bleibt er zwischen sozialstaatlichem und marktverklärendem Paternalismus eingeklemmt (siehe auch hier). Wie einfach wäre es, hier mit einem BGE anzusetzen, sofern man bereit wäre, den Vorrang von Erwerbstätigkeit vor allem anderen aufzugeben.

Sascha Liebermann