„Ein Alltag ohne soziale Demütigung – das ist das Grundrecht aller, ausnahmslos“…

…so ein bekanntes Zitat der SPD-Politikerin Regine Hildebrandt, doch was hätte sie zum Bedingungslosen Grundeinkommen gesagt, hätte sie denn dafür plädiert, dass das Existenzminimum frei von Sanktionen und Bedürftigkeitsprüfung bereitgestellt werden müsste? Hätte Sie dafür plädiert, Sorgetätigkeiten zu ermöglichen auf der Basis eines auskömmlichen BGE? Manch einer (siehe auch hier), der die Würde des Individuums hochhält und Sanktionen für unangemessen erklärt, will Sanktionen doch nicht aufgeben und hält Erwerbstätigkeit für den entscheidenden Hebel, um Armut zu verhindern. Wie Frau Hildebrandt, die eine vorbehaltlose Befürworterin der Sozialhilfe war und sie für eine große Errungenschaft hielt, das gesehen hat, können wir einer Rede aus dem Jahr 1999 entnehmen:

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„Niemand mit Sozialhilfe/ ALG bekommt auch nur irgendwas geschenkt“

Interessante Grafik – andere Wege zur Absicherung des Einkommens, allgemeines Steueraufkommen statt Versicherungsbeiträge…

…das führt direkt zur Frage, wie relevant hierfür ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist – eine Leistung, die aus Steuern finanziert wird und nicht an Erwerbsbeiträge gebunden ist.

Sascha Liebermann

„Andauernde Abwesenheit von Selbstverständlichkeit“ und „lebensfeste Sozialhilfe“ – und das Erwerbsgebot?

„Andauernde Abwesenheit von Selbstverständlichkeit“ – eine gute Beschreibung für die Erfahrung des ständigen Mangels an Einkommen, formuliert von der Journalistin Anna Mayr, die ihre Geschichte im Buch „Die Elenden“ beschrieben hat. An einer Stelle sagt sie in der Talkrunde, dass ihre Eltern sie davor beschützt haben, ein Jobcenter „betreten“ zu müssen, wozu sie im Alter von 16 durch das Jobcenter aufgefordert wurde.

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„Keine Sozialhilfe für EU-Ausländer ohne Aufenthaltsrecht“ – auch für die Grundeinkommensdiskussion…

…ein interessanter Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, über den die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet. Er zeigt, wo die Sozialpolitik in der Europäischen Union steht, sie ist den Nationalstaaten überlassen. Solange es hier keine gemeinsame Lösung gibt, muss innerhalb der EU klar abgegrenzt werden, wer denn leistungsberechtigt ist und wer nicht – ganz konsequent. Selbst aber wenn es eine europäische Lösung gäbe, verschöbe das diese Anforderung nur, dann müsste die EU eine Abgrenzung zu Nicht-EU-Bürgern vollziehen. Abgrenzungen sind also immer nötig.

Sascha Liebermann

„Sozialhilfe: Der Mann, der so tut, als würde er arbeiten“…

…auch wenn der Titel klingt, als folge eine Abrechnung mit der Sozialhilfe, gibt der Beitrag von Michael von Ledebur in der Neuen Zürcher Zeitung einen interessanten Einblick in die Lage in der Stadt Zürich. Kürzlich war zu vernehmen, dass die Stadt überlegt, Sanktionen bei Sozialhilfebeziehern nur noch in bestimmten Fällen anzuwenden, siehe hier.

Auf Sanktionen in Sozialhilfe weitgehend verzichten?

Die Stadt Zürich scheint das zu machen und ihre Entscheidung zu verteidigen, siehe den Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung. Aus dem Beitrag:

„Bei allen übrigen Gruppen verzichtet die Stadt Zürich auf Sanktionen. Die Betroffenen haben zwar die Möglichkeit, Beschäftigungsprogramme zu besuchen, und die meisten tun dies laut Golta auch. Doch wenn sie sich anders entscheiden, haben sie keine Konsequenzen zu gewärtigen. Das Regime galt früher nur für Personen ab 55 Jahren; seit letztem Sommer hält es die Stadt bei allen Altersgruppen über 25 Jahren so.“

„Kaltherzige Schweiz“ – Diskussion über Sozialhilfe im Schweizer Fernsehen

Eine interessante und instruktive Sendung im Schweizer Fernsehen in der Reihe „Arena“, die – wie bei Maischberger – sich um Missbrauch und Ziele der Sozialpolitik dreht. In der Arena bestechen zwei Gäste durch ihre Ausführungen, die Sozialhilfe-Empfängerin Eveline Brown und der Leiter der Sozialhilfe Aarau, Andreas Frey. Ihre bodenständigen Ausführungen lassen die ebenso eingeladenen Politiker und Experten blass erscheinen. Beeindruckend ist, wie selbstverständlich in den Ausführungen von Andreas Frey über das Recht der Bürger gesprochen wird, gegen Behördenbescheide rechtlich vorzugehen, während in Deutschland schnell von einer „Klageindustrie“ gesprochen wird.

In der Aargauer Zeitung findet sich ein lesenswerter Kommentar zur Sendung. Siehe auch „Arrogant gegen die Armen“ (woz).

„„Fördern und Fordern“ ist eine Anmaßung“…

…schreibt Karoline Linnert (Bündnis 90/ Die Grünen, Senatorin für Finanzen in Bremen) im Weser-Kurier.

Ein interessanter Beitrag, der – wie selten genug geschieht – auf die Kontinuität hinweist, dass auch vor der Agenda 2010 Arbeitsbereitschaft erwartet wurde und es unsinnige Ämterbesuche gab. Die Willkür der Sachbearbeiter war groß, die Hilfen waren jedoch stärker am Einzelfall ausgerichtet. „Fördern und Fordern“ suggeriere, Leistungsbezieher müssten erzogen werden – treffend bemerkt. Aber am Ende überrascht die Autorin damit, in einem Bedingungslosen Grundeinkommen nur eine Fortsetzung des Pauschalierungsproblems von Hartz IV zu sehen, das das heutige Leistungsangebot auszeichne. Dabei ist es keineswegs nötig, für ein BGE auf einzelfallspezifische Hilfen zu verzichten. Allerdings stellt sich die Frage, in welchem Umfang sie angesichts eines BGEs als Individualanspruch noch in Anspruch genommen werden müssten, wenn durch Kumulation von BGE in einem Haushalt das Haushaltseinkommen steigt. Siehe dazu auch einen früheren Beitrag von mir hier.

Sascha Liebermann

„Linke und Grüne scheitern mit Anträgen zur Abschaffung von Sanktionen“

Im Deutschen Bundestag wurden gestern die Anträge der Linken und der Grünen zur Abschaffung der Sanktionen im Arbeitslosengeld II und bei der Sozialhilfe abgelehnt. Die Debatte ist sicher aufschlussreich, um etwas über die Haltung der Abgeordneten zur gegenwärtigen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu erfahren. Allerdings muss auch gesagt werden, dass die Forderung nach einer Abschaffung der Sanktionen an den Systematik des deutschen Sozialstaats vorbeigeht, denn das Erwerbsgebot steht in seinem Zentrum, Sanktionen dienen dazu, diesem Gebot Geltung zu verschaffen (siehe hier und hier). Es ist ein Widerspruch in sich, Sanktionen aufheben zu wollen, aber nicht für ein Bedingungsloses Grundeinkommen einzutreten, denn die Aufhebung der Sanktionen wäre ein Vorgriff darauf.

Sascha Liebermann