Erfahrungsbildung oder Stoffvermittlung?

Diese alte Frage stellt sich nun wieder, wenn Erfahrungsbildung heißt, einen Erfahrungsprozess zu durchlaufen, in dem sich die Fähigkeiten einer Person herausbilden, Neues zu erzeugen, wozu in Schule und Studium auch gehört, Argumentationszusammenhänge herzustellen und das Problem, auf das hin sie eine Antwort geben, zu bestimmen. Stoffvermittlung beinhaltet hingegen lediglich, Bekanntes, Routinisiertes, zu reproduzieren oder aufzubereiten (siehe auch hier).

Die Diskussion um ChatGPT macht etwas deutlich, wie sehr die Entstehung von Neuem im Zentrum von Bildungsprozessen stehen muss und nicht die Reproduktion des Routinisierten. Die vergangenen Jahrzehnten waren aber durch letzteres dominiert, wie die Bologna-Reformen in den Hochschulen besonders deutlich werden ließen: Lehre wurde zu Unterricht, die Offenheit des Bildungsprozesses bei relativ geringen Pflichtanteilen (in den alten Magisterstudiengängen) zur relativen Dominanz von Pflichtanteilen und Verworkloadisierung des Studiums. Dass sich in den „Bologna“-Reformen auch der Geist von Misstrauen, Kontrolle und Beaufsichtigung zum Ausdruck gebracht hat, sollte nicht übersehen werden.

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Vertraute Routinen zu verlassen ist nicht einfach, ein Grundeinkommen kann dabei behilflich sein…

…wie der Bericht, auf den Susanne Wiest verlinkte, deutlich macht. Auch wenn es nur ein einjähriges Grundeinkommen unter Lotteriebedingungen war, so ist die Überlegung gar nicht zu überschätzen, die die Gewinnerin anstellt. Denn aus Routinen, die sich mehr oder weniger bewährt haben, herauszutreten, Routinen, die einem vertraut sind, vertrauter als mögliche Alternativen, ist nicht einfach. „No alarms and no surprises, please“ – das Motto des Alltags – mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen wäre es womöglich einfacher, Alternativen Raum zu geben.

Sascha Liebermann