„Solidarität statt Grundeinkommen“ – aussichtslos…

…ist es, die Beiträge von Christoph Butterwegge zum Bedingungslosen Grundeinkommen – wie jüngst wieder in Kontext: Wochenzeitung – zu kommentieren. Seit Jahren käut Butterwegge Einwände wieder, deren mangelnde Differenziertheit regelmäßig aufgezeigt wurde. Man fragt sich schon, weshalb er die Repliken nicht aufgreift, um seine Kritik zu präzisieren, denn das es unterschiedliche BGE-Konzepte gibt, darauf weist er selbst regelmäßig hin. Unterschiedliche Konzepte allerdings bedeuten nicht, dass die Eckpfeiler beliebig wären. Insofern ist die Rede von zig Grundeinkommensmodellen der Sache nicht angemessen, es gibt nur zig verschiedene Ausgestaltungen der Kriterien. Keines der vorfindlichen Kriterien, mit denen ein BGE von anderen Leistungen unterschieden wird, sieht vor, bedarfsgeprüfte Leistungen vollständig abzuschaffen – auch wenn manch ein Sympathisant das dennoch für geboten hält, wie etwa Thomas Straubhaar, der in dieser Frage durchaus schwankend war über die Jahre. Trotz alledem schreibt Butterwegge wieder:

„Ersetzen soll das Grundeinkommen die Sozialhilfe, das Arbeitslosengeld II, das Sozialgeld, die Grundsicherung im Alter, den Kinderzuschlag und das Wohngeld. Zu befürchten steht, dass über kurz oder lang alle genannten und zahlreiche weitere Transferleistungen abgeschafft würden, denn die Kosten des Grundeinkommens wären enorm. Meist werden die mit dem bedingungslosen Grundeinkommen verbundenen Kosten – zwischen mehreren hundert Milliarden und weit über einer Billion Euro jährlich – unterschätzt oder gar nicht erst thematisiert. Und wenn man es an Bedingungen wie einen hohen Bedarf knüpft, was die Kosten drastisch verringern würde, wäre es kein bedingungsloses Grundeinkommen mehr.“

Es ist gar nicht ausgemacht, welche Leistungen wohl durch ein BGE ersetzt werden würden, das hinge davon ab, wofür Mehrheiten gewonnen würden. In der Tat könnte es in Abhängigkeit von der Betragshöhe verschiedene Leistungen substituieren, die heute demselben Zweck dienen, dem auch ein BGE dienen würde: die Regelsätze in Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II, Bafög, Kinderzuschlag usw. Keineswegs naheliegend ist die Ersetzung des Wohngeldes oder anderer bedarfsgeprüfter Leistungen. Wie früher schon, so ist laut Butterwegge zu „befürchten“, dass dies oder jenes passieren werde. Sicher ist das möglich, denn letztlich muss demokratisch darüber befunden werden, wofür auch immer sich Mehrheiten finden, das könnte Realität werden. Deswegen aber auf ein BGE verzichten? Als habe es nicht die sogenannten „Hartz“-Reformen gegeben, ganz ohne BGE. Butterwegge, wie schon früher, behauptet, Befürworter machten sich keine Gedanken zur Finanzierung, entweder ignoriert er Überlegungen hierzu oder er nimmt sie nicht zur Kenntnis – es sollten Netto- nicht mit Bruttokosten verwechselt werden. Fehlen darf der Vorwurf des Gießkannenprinzips nicht, dem ein BGE folge, als gebe es dieses Prinzip heute nicht, und zwar realisiert im Grundfreibetrag in der Einkommensteuer. Die Gewährung des Existenzminimums folgt keiner anderen Idee als der Gießkanne, weil es den Einzelnen in seiner Würde ernst nimmt. Entsprechend erhalten all diejenigen, die nach Butterwegge keiner Unterstützung bedürfen heute schon eine solche in Gestalt des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer. Butterwegges Einwand erweist sich als Scheingefecht, denn dann müsste er in letzter Konsequenz den Allgemeinheitscharakter des Existenzminimums in Frage stellen – was er nicht tut.

Alles, was Butterwegge dann anführt, das von einem Sicherungssystem geleistet werden müsse, leistet ein BGE auf einfache Weise, ohne auf alles eine Antwort zu bieten. Das zu können, behauptet allerdings kein ernsthafter Befürworter.

Sascha Liebermann