Diese Frage wirft ein interessantes Gespräch mit Wolfgang Neskovic, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof, übertitelt, in neues deutschland auf. Veröffentlicht wurde es wegen des bevorstehenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts (Beiträge zur Stellung des Bundesverfassungsgerichts von uns hier) zu Sanktionen im Sozialgesetzbuch. Neskovic ist sehr deutlich und sieht die Sanktionen im Widerspruch zur Unverfügbarkeit des Existenzminimums, die das BVerfG selbst in Urteilen festgestellt hatte. Neskovic sagt, dass Juristen selten die Verbindung zwischen dem Rechtsstaats- und dem Sozialstaatsprinzip herstellen und deswegen bislang Sanktionen für verfassungskonform gehalten wurden. Er erwartet hier kein umstürzendes Urteil in dieser Hinsicht, aber hält sich mit einer Prognose zurück. An einer Stelle äußert er sich indirekt zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Er sagt auf die Frage:
„Gibt es weitere Urteile [über das von 2010 hinaus, SL] des Bundesverfassungsgerichts, aus denen Sie ableiten, dass das Existenzminimum nicht gekürzt werden darf?
Ja. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz verdeutlicht, dass das Recht auf Gewährleistung des Existenzminimums zwar nicht bedingungslos ist, aber nur eine Bedingung beziehungsweise Einschränkung kennt: die Bedürftigkeit. Danach ist das Recht auf Gewährleistung des Existenzminimums gerade kein Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung allerdings unmissverständlich klargestellt, dass es neben der Bedürftigkeit keine weiteren Voraussetzungen oder Bedingungen für die Inanspruchnahme dieses Rechts gibt. So heißt es in der Entscheidung, dass »migrationspolitische« Gründe keine Kürzungen rechtfertigen. Konsequenterweise müsste das auch für die Gründe gelten, mit denen Sanktionen gerechtfertigt werden: Demnach können auch »pädagogische Gründe«, wie das Prinzip des »Förderns und Forderns«, Kürzungen nicht legitimieren.“