…unter diesem etwas reißerischen Titel veröffentliche die Zeitschrift Brigitte ein Interview mit Gabriele Winker, Professorin für Arbeits- und Genderwissenschaft an der TU Hamburg-Harburg, über unbezahlte Arbeit bzw. Sorgearbeit. Frau Winker hat große Sympathien für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. An der entsprechenden Stelle heißt es:
Brigitte: „Was schlagen Sie vor?“
Winker: „Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting. Reduzierung der Normalarbeitszeit auf 30 Stunden. Einführung eines armutsresistenten Mindestlohns. Ich bin auch für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Das löst nicht alle Probleme, aber es wäre eine menschenwürdige Form der Grundsicherung.“
Die Reihenfolge ist beachtenswert. Weshalb steht das BGE nicht am Anfang der Aufzählung, würde es sich doch auf alle voranstehend genannten Aspekte auswirken? Man kann diese Frage für eine Kleinigkeit halten, sie lässt jedoch eine Gewichtung dahingehend erkennen, wer das Agens der Veränderung ist. Vom BGE aus gedacht, wären die heutigen steuerlichen Regelungen, die in der Passage mit dem Ehegatten- bzw. Familiensplitting erwähnt werden, ohnehin überflüssig (siehe hier).
Wozu soll eine allgemeine Reduzierung der Erwerbsarbeitszeit dienen (siehe meine früheren Kommentare dazu hier, hier und hier)? Zur besseren Aufteilung des Erwerbskuchens? Weshalb sollte er besser aufgeteilt werden, was ohnehin nur formal möglich ist? Die Frage der Verteilung von Arbeitszeit heute ist ja immer auch die Frage nach der Verteilung von Einkommenschancen. Sie ist aber leistungsfeindlich, weil sie Einkommensverteilung und Leistungsentstehung nicht im Zusammenhang betrachtet. Weshalb mit einem BGE diese Frage nicht zuerst einmal den Bürgern überlassen und dann sehen, ob sie eine weitere Regelung für wichtig erachten? Weshalb erachtet sie einen Mindestlohn als notwendig, wenn ein BGE in ausreichender Höhe genau die Funktion übernähme, die ein Mindestlohn heute hat?
Sascha Liebermann