Ein Gelbwestenprogramm für Deutschland entwirft Nobert Häring in seinem Blog und stellt manch interessante Forderung an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags.
An einer Stelle kommt er auf die Frage nach einer Grundsicherung zu sprechen und formuliert:
„Erhöhen Sie die Grundsicherung auf ein Niveau, das ein Leben in Würde ermöglicht, insbesondere für Familien mit Kindern.
Beenden Sie die Kürzungen von Leistungen unter das Existenzminimum. Stellen Sie (falls und wo finanzielle Anreize tatsächlich nötig sein sollten) auf ein Bonussystem um.“
Was folgt hieraus genau?
Wenn die Würde des Einzelnen Richtschnur ist, darf es keine Sanktionen geben, denn Würde ist unverfügbar, das Grundgesetz kennt keine Erwerbsobliegenheit. Wer das erreichen will, müsste mindestens so weit gehen, dass allenfalls eine Bedarfsprüfung dort stattfinden dürfte, wo nicht genügend Einkommen vorhanden ist – wie es etwa Robert Habeck vorgeschlagen hat mit seiner Garantiesicherung. Wäre das der Richtschnur gemäß? Im Grunde noch nicht, denn Würde wäre wieder in Zusammenhang mit Erwerbstätigkeit gebracht, denn die Bedarfsprüfung dient ja dazu, Einkommensmangel festzustellen, wenn nicht ausreichendes oder gar kein Erwerbseinkommen vorliegt. Eine Grundsicherung wäre eine nachrangige Leistung, der Vorrang von Erwerbstätigkeit bliebe aufrechterhalten. Wenn dies aber aufrechterhalten bliebe, würde denn dann auf die Durchsetzung dieser Verpflichtung verzichtet, geht Häring hier so weit, Sanktionen ganz abzuschaffen? Leistungskürzungen sieht er ja noch vor, nur sollen sie nicht zur Unterschreitung des Existenzminimums führen oder meint er doch, dass es gar keine Kürzungen mehr geben sollte? Dann wäre das Existenzminimum ja im Grunde bedingungslos, es gäbe keine Gegenleistungsverpflichtung. In dem Passus wird es nicht klar und früher zumindest hat er sich z. B. einem Bedingungslosen Grundeinkommen gegenüber ablehnend geäußert (siehe hier und hier).
Wäre ein „Bonussystem“ denn etwas anderes als Sanktionen, nur mit positiven Vorzeichen? Wie Sanktionen so soll doch auch ein Bonussystem Wohlverhalten belohnen. Diejenigen, die sich wohlverhalten, erhalten einen Bonus, die anderen nicht. Oder ist nur gemeint, dass diejenigen, die noch erwerbstätig sind, mehr in der Tasche haben müssen als die anderen, dazu wäre noch kein Bonussystem nötig, es reichte, den Transferentzug zu reduzieren oder ganz abzuschaffen.
Wäre es dann nicht am einfachsten, gleich ein BGE zu fordern, darüber hinaus brauchte es weder ein Bonussystem noch für das BGE eine Bedarfsprüfung, sie beträfe lediglich Leistungen oberhalb eines BGE?
Sascha Liebermann