„Bedingungslosigkeit irritiert Paternalismus“

In seinem Beitrag in Jacobin – zumindest in den Ausführungen zu Beginn, da er hinter einer Bezahlschranke ist – beschreibt Alexander Brentler gleich zu Beginn die Folgen von Langzeitarbeitslosigkeit, ohne deren Grund zu nennen. Es ist nicht (Erwerbs-)Arbeitslosigkeit als solche, die diese Folgen verursacht, es ist ihre normative Seite, ein gesellschaftlich unerwünschter Zustand zu sein, der deswegen sobald als möglich wieder verlassen werden soll. Darauf sollen alle vom Gesetzgeber bestimmten Instrumente hinwirken. Stigmatisierung ist also Folge einer normativen Bewertung eines bestimmten Handelns. Dann schreibt er:

„Als Kompensation für Sorgearbeit ist das BGE ein wenig zielgenaues Instrument. Wer sich wirklich Vollzeit um andere kümmert, hat mehr verdient als ein Existenzminimum. Die »Freiheit«, die das BGE verspricht, zielt eher auf Selbstentfaltung ab – daher sein besonderer Appeal unter Kreativen. Die unausgesprochene Erwartung lautet, das Leben über die Erwerbsarbeit hinaus als zielorientierte Karriere zu begreifen.“

Will Brentler Sorgetätigkeiten, die in der Familie erbracht werden, in ein Lohnarbeitsverhältnis verwandeln? Dann würde genau zerstört, was es von einem solchen gerade unterscheidet. In der Tat stellt sich die Frage, was die angemessene Höhe eines BGEs wäre, doch sie ändert nichts daran, dass eine Bezahlung für eine Leistung nicht die Person um ihrer selbst willen in den Blick nimmt, sondern nur die erbrachte Leistung. Insofern ist es auch richtig zu sagen, die Person hat dann „mehr verdient“, wie Brentler meint, ein BGE hingegen will aber zuerst einmal die Person um ihrer selbst willen zum Kriterium für Einkommenssicherung erheben.

Wie Brentler dann zu dem Schluss kommt, dass ein BGE dazu führe „das Leben […] als zielorientierte Karriere“ zu begreifen, bleibt unklar. Es mag BGE-Befürworter geben, die solche Erwartungen hegen, ein BGE für sich führt dazu nicht. Eine Frage allerdings, der wir in unseren Lebensverhältnissen nicht ausweichen können, ist die, wie man zum Wohlergehen des Gemeinwesens beitragen will, denn sie stellt sich, ganz gleich, ob wir das wollen oder nicht. Ein BGE lässt aber gerade frei, worin die Antworten darauf liegen.

Ob der Autor im Verlauf des Artikels womöglich sein Augenmerk darauf richtet?

Sascha Liebermann