…nach wie vor aktuell, obwohl schon mehr als 15 Jahre alt, ein Interview mit Georg Vobruba über seiner und seiner Kollegen Forschungen zur sogenannten Armutsfalle. An der Gewichtigkeit der Befunde hat sich nichts geändert. Hier einige Zitate aus dem Interview:
Vobruba: „Will man wissen, wie Menschen handeln, muss man sie anschauen und ihnen nicht irgendwelche Handlungslogiken wie Kuckuckseier unterschieben. Das allerdings wird gern gemacht, in der Ökonomie sowieso und bei den Sozialwissenschaften gibt es auch gewisse Tendenzen.“
Vobruba: „Die Standardökonomie – stützt sich, höflich gesagt, vornehmlich auf Axiome und daraus abgeleitete Schlussfolgerungen. Und eines der Axiome lautet: Bei unzureichendem zusätzlichem Einkommen wird Arbeitskraft nicht angeboten.“
Vobruba: „Die überwiegende Anzahl der Sozialhilfeepisoden ist ziemlich kurz. Die Leute verlassen also das Sozialhilfesystem. Und das obwohl in der Tat in vielen Fällen der Abstand zwischen Lohn und Lohnersatzleistung nicht gerade groß ist. Anders gesagt: Die allermeisten Leute gehen auch dann arbeiten, wenn die zustehenden Lohnersatzleistungen relativ nah am beziehbaren Lohn liegen.“
Vobruba: „Man forscht und forscht, und wenn es jemand zur Kenntnis nimmt, so freut es einen. Ich würde mich aber hüten, Forschung zu betreiben mit Blick auf Politik und erst recht mit Blick auf irgendeine Partei… Stellen wir es uns realistisch vor: Soll sich die SPD hinstellen und sagen „Liebe Bevölkerung, das mit dem Abbau der Arbeitslosigkeit wird nun mal nichts mehr. Nehmt es uns nicht übel.“
Vobruba: „Ja! Natürlich! Die Anerkennung der Realität als Realität ist immer der erste Schritt, Politik zu machen. Aber die Anerkennung dieser Realität ist sehr schwer. Das Beschäftigungsthema ist so stark besetzt, dass, wer da auch nur den Verdacht erweckt, er sei nicht besten Willens, sich wahrscheinlich unheimliche Probleme einhandelt.“
Hier weitere Arbeiten von Vobruba und Kollegen zu dieser Thematik:
Zur Kritik des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern (Ronald Gebauer)
Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer)
Sascha Liebermann