Strukturschwache Regionen und das bedingungslose Grundeinkommen

Strukturschwache Regionen werden heute solche Gebiete in Deutschland genannt, die aufgrund ihrer geringen wirtschaftlichen Leistungskraft und folglich geringem Steueraufkommen auf eine besondere Förderung aus öffentlichen Mitteln angewiesen sind. Diese Förderung kann z.B. über den Länderfinanzausgleich erfolgen, sie kann aber genauso über zweckgebundene Mittel gestaltet werden (z.B. für bestimmte Branchen wie die Landwirtschaft) und über zusätzliche Abgaben („Solidaritätsbeitrag“). Der Freistaat Bayern wurde mit solchen Mitteln gefördert, das Ruhrgebiet wird es heute noch. Vor allem sind es die östlichen Bundesländer, aber auch einige Regionen in den westlichen, die besonders gefördert werden (siehe Karte). Allerdings erfolgt die Förderung meist zweckgebunden, sie soll also dazu dienen, bestimmte Ziele zu erreichen. Das heißt noch lange nicht, daß eine solche Förderung ihr Ziel auch erreicht, ob nicht gar Ziele angestrebt werden, die mit den Gegebenheiten einer Region gar nicht vereinbar, gar illusorisch sind. Wo es langfristig an Wirtschaftskraft fehlt, wo Menschen kein Einkommen erzielen können, wandern sie ab. Das haben in den vergangenen Jahren viele getan, viele junge dazu, mehr Frauen als Männer. In den betroffenen Regionen führt dies zu einer Verschärfung der Lage, Arbeitslosigkeit hat noch zugenommen und durch die Abwanderung gehen auch Menschen verloren, die einen langfristigen Aufbau gestalten könnten.

Wie würde ein bedingungsloses Grundeinkommen die Lage dieser Regionen verändern?

Aus wirtschaftlichen Gründen, um ein Einkommen zur Lebensunterhaltung zu erzielen, müßte niemand mehr abwandern. Mit einem Grundeinkommen, solange es hoch genug wäre, würden sich ganz andere Möglichkeiten eröffnen. Regionen, die heute dafür gefördert werden, agrarwirtschaftliche Nutzflächen stillzulegen oder bestimmte Nutzpflanzen anzubauen, wären auf zweckgebundene Subventionen nicht mehr angewiesen. Kulturlandschaftliche Pflege wäre möglich, ohne daß dazu eine Förderung erfolgen müßte. Jegliche unternehmerische Initiative wäre viel einfacher zu bewerkstelligen als heute, denn auf Basis des Grundeinkommens sind Löhne von der von der Funktion der Existenzsicherung befreit. Selbst dort, wo geringere Löhne als heute zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgehandelt würden, könnte das Einkommen in der Summe höher sein. Was hier gälte, würde gleichermaßen für jeden Bereich gelten, in dem Güter und Dienstleistungen in einer solchen Region hergestellt würden, aber ganz genaus in solchen, die keine Güter in diesem Sinne erzeugen, sondern Selbstzweck sind wie Kunst und Wissenschaft, Kultur im allgemeinen. Zweckgebundene Förderung, wie sie heute stattfindet, wäre zwar auch zukünftig möglich, doch würde sie nicht mehr darüber bestimmen, wo sich die Menschen, wenn sie eine solche Förderung erhalten wollten, zu engagieren hätten. Das Grundeinkommen gäbe die Freiheit, auch wenn die öffentliche Förderung andere Zwecke für wichtig erachtet als der Einzelne, sich dennoch dort zu engagieren, wo er es für wichtig und richtig hält.

Sascha Liebermann

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