…fragt sich Lea Hampel in der Süddeutschen Zeitung in ihrem Beitrag, der sich mit dem Wiedererstarken der Grundeinkommensdiskussion befasst. Auf der einen Seite diagnostiziert die Autorin dem Vorschlag eine starke Präsenz in der Öffentlichkeit, auf der anderen rührt sie verschiedene Vorschläge zusammen, wie z. B. denjenigen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller, der ein „solidarisches Grundeinkommen“ ins Spiel brachte, über die „repressionsfreie Grundsicherung“ (also Hartz IV ohne Sanktionen) bis zum „solidarischen Bürgergeld“ (nicht das von Dieter Althaus), das von Frauke Petry favorisiert werde. Alle drei haben mit einem Bedingungsloses Grundeinkommen recht wenig bis gar nichts zu tun. Lea Hampel fragt, weshalb wir das BGE noch nicht haben, attestiert der Debatte Uneinigkeit und dass auf wichtige Fragen keine Antworten gegeben würden, z. B. auf die Frage, wie „Anspruchsrechte“ definiert werden. Der Reihe nach:
1) Weshalb haben wir es noch nicht? Weil die größte Hürde für die Einführung eines BGE darin besteht, die Vorstellung aufzugeben, dass Erwerbstätigkeit das Höchste sei. Genau diese Vorstellung aber prägt unsere Systeme sozialer Sicherung.
2) Soll Uneinigkeit ein ernsthafter Vorwurf sein? Dann dürfte es politische Willensbildung in einer Demokratie nicht geben, denn unumstrittene Vorschläge gibt es nie, Lösungen werden nur durch Kompromissbildung befunden. Dazu bedarf es zuvor jedoch einer klaren Artikulation der Unterschiede zwischen verschiedenen Ausgestaltungen.
3) Gibt die Diskussion auf die Frage der Anspruchsrechte keine Antwort? Das hatte kürzlich schon einmal Georg Vobruba (siehe auch hier) behauptet. Es ist, seit etwa 2004, immer wieder darauf hingewiesen worden, dass beim BGE, wie heute auch, über den Aufenthaltsstatus der Bezug geregelt werden kann für Nicht-Staatsbürger. So, wie wir für den Bezug von Leistungen heute eine Regelung haben finden müssen, könnte sie in abgewandelter Form auf das BGE Anwendung finden. Aber auch hier gilt, dass die konkrete Ausgestaltung Ausdruck eines Kompromisses sein wird und nicht am Schreibtisch erledigt wird.
Sascha Liebermann