…, zu lesen war der Beitrag bei focus online.
Rodenstock schreibt:
„Die Gegner [eines BGE, SL], darunter Vertreter von Arbeitgeberverbänden wie auch von Gewerkschaften, führen an, dass ein solches Konzept nicht finanzierbar und ungerecht sei. Wenn immer weniger Menschen arbeiten, woher kommt dann die materielle Basis, um ein Grundeinkommen zu finanzieren?“
Für den Wertschöpfungsprozess ist es nicht entscheidend, wieviele „Menschen“ arbeiten und auch nicht, wieviele Stunden sie arbeiten, sondern wieviel produziert wird und dass dem Angebot eine entsprechende Kaufkraft gegenübersteht. Wenn dazu menschliche Arbeitskraft benötigt wird, wird um sie geworben werden müssen, wenn nicht, dann nicht. Wie wir an der Enwicklung des Arbeitsvolumens (siehe auch hier) in Deutschland sehen können, hat das eine mit dem anderen nicht unmittelbar etwas zu tun.
In der folgenden Passage taucht dieselbe Frage wieder auf:
„Ob sich ein solches Konzept in der Praxis bewähren kann oder nicht, hängt nicht zuletzt eng mit den tradierten Werten der Arbeitsgesellschaft zusammen. Erwerbsarbeit gilt als ein zentraler Bestandteil unserer Kultur. Sie sichert die materielle Existenz, ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe, begründet die Identität und definiert den sozialen Status eines Menschen. Die Vorstellung, dass jedem – unabhängig von seiner Erwerbstätigkeit – ein einheitliches Grundeinkommen gewährt wird, steht in krassem Widerspruch zu dieser Tradition und muss auf den ersten Blick als Provokation erscheinen.“
Welches sind denn die „tradierten Werte […] der Arbeitsgesellschaft“ – geht es darum, beschäftigt zu sein oder darum, Leistung zu erbringen? Wenn Beschäftigung über Leistung gestellt wird, untergraben wird gerade die Grundlage unseres Wohlstandes. Es könnten also gerade die „traditionellen Werte“ sein, die dem Leistungsethos entgegenstehen, sich bislang nur nicht gravierend ausgewirkt haben. Das nebenstehende Plakat allerdings macht deutlich, dass schon länger in der öffentlichen Debatte Arbeit über Leistung steht – und zwar in allen politischen Lagern. Die FDP und Die Linke könnten sich zusammentun.
Wer aus diesem Dilemma hinausgelangen will, muss den FDP-Slogan umwandeln: „Leistung hat Vorfahrt“ oder, wie David Hornemann einmal sagte, „Arbeit muss wieder Sinne machen“, doch genau davon ist keine Rede. An der Verteidigung von Erwerbstätigkeit sieht man, wie sehr die üblichen Lager, ob Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervertreter, am selben Strang ziehen. Statt um Leistung geht es um Erziehung, der Arbeitsmarkt als Erziehungsinstrument, Unternehmen als Erziehungsanstalten.
Rodenstock weiter:
„Andererseits wird unser gewohntes Denken aktuell auch durch Algorithmen, Automatisierung und künstliche Intelligenz herausgefordert: Wenn Maschinen den Menschen die Arbeit abnehmen und menschliche Intelligenz von künstlicher verdrängt wird, welchen Wert hat Arbeit dann noch? Müssen wir Arbeit – und zwar alle Formen von Arbeit – und gerechte Entlohnung nicht grundsätzlich neu denken?“
Ja, worauf will Rodenstock denn damit hinaus, wenn nicht auf ein Leistungsverständnis, das nicht mit dem Vorhalten von Arbeitsplätzen verwechselt wird, also mit bloßer Beschäftigung? Dann kann es nicht um Erwerbsarbeit um ihrer selbst willen gehen, sondern um die Gestaltungsmöglichkeiten in Freiheit, sich die Aufgabe zu suchen, ganz gleich wo sie liegt. Das muss man sich jedoch leisten können, ohne Bedingungsloses Grundeinkommen ist dies nicht möglich. Genau das indes will er offenbar nicht. Was dann?
„Innovative Lösungen sind besonders in der Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik gefragt.“
Abschließend die üblichen Reden, die immer wieder zu hören sind, doch was heißt das genau? Wer die Grundfesten der politischen Ordnung und damit ebenso der Wirtschaftsordnung ernst nimmt, muss stärker in das Individuum vertrauen, in seine Mündigkeit, wie das Grundgesetz sie voraussetzt. Ist das für einen Unternehmer unvorstellbar?
Sascha Liebermann