Dieses Gespräch ist womöglich das letzte (März 2018), das Götz W. Werner in einer Talkrunde im Fernsehen bestritten hat und es ist ihm schon anzumerken, dass er nicht mehr so schlagfertig ist wie früher. Deutlich werden im Gespräch dennoch verschiedene Dinge, die angesichts teils klischeehafter Nachrufe wichtig anzumerken sind: 1) Es scheint schwer zu sein, zu verstehen, dass die Menschenwürde unverfügbar sein muss und es deswegen eines Einkommens bedarf, das nicht unter Vorbehalt steht (es muss also bedingungslos bereitgestellt werden) – obwohl das den Geist des Grundgesetzes auszeichnet. Solange dieser Vorbehalt geltend gemacht wird, entspricht unser Sozialstaat nicht dem Geist des Grundgesetzes und damit der modernen Demokratie. Das sieht Werner äußerst klar.
2) Er vertritt ein BGE nicht als Geste der „Großzügigkeit“, der „Philanthropie“ oder weil er eine „soziale Ader“ habe, sondern weil er über die Grundfesten unseres Zusammenlebens nachgedacht hat. Aus ihnen leitet er es her: Selbstbestimmung, Initiative, Leistungsbereitschaft und -möglichkeit sieht er durch ein BGE befördert. Er geht davon aus, dass die Bürger initiativ sind und sein wollen und sich genau darauf unser Zusammenleben gründet. 3) Der Abwehrreflex, hier von Frau Leutheusser-Schnarrenberger (im allgemeinen aber aus allen Richtungen), hinsichtlich dessen, dass Wohlhabende ein BGE nicht brauchen, zeigt, wie wenig selbst erfahrene Politiker sich die Zusammenhänge klar machen. Werner weist zurecht auf das Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag, den Grundfreibetrag in der Einkommensteuer usw. hin, die alle schon geltendes Recht darstellen. Ein BGE führt also nichts ein, was es diesbezüglich nicht schon gäbe. 4) Die Schwierigkeiten, sich auf die Wirkung von Steuern, nicht auf formale Steuertypen einzulassen. Wenn Werner darauf hinweist, dass all die vorgebrachten Einwände gegen eine Verbrauchs- oder Konsumsteuer, wie er sie nennt, an der Realität vorbeigehen, weil heute schon Steuern, die Unternehmen abführen, soweit es geht in die Preise überwälzt werden, dann änderte eine Verbrauchssteuer daran nichts. Unternehmen leben von den Einnahmen, die sie durch den Absatz von Gütern erzielen, dieser Absatz ist die Quelle dafür, entstehende Ausgaben zu decken bzw. entstandene zu begleichen. Folglich trägt der Endverbraucher, der die Steuerlast nicht weiterwälzen kann, die Steuern, in den Preisen jedoch wird das nicht ausgewiesen. Eine Frage, die in der Sendung dann nicht weiter diskutiert wird, ist, wie eine solche Steuer angesichts bestehenden Einkommens- und Vermögensungleichheit wirken würde.
Sascha Liebermann
[update: 14.2.22, 15.21 Uhr]