…darüber schreibt Jannik Deters in der WirtschaftsWoche. Zwei Aspekte seien hier hervorgehoben, Deters schreibt:
„Ob Menschen „die richtige Passung“ gefunden haben, ist für ihre Zufriedenheit entscheidend. So formuliert es der Personalchef eines großen deutschen Konzerns: „Jeder hat ein Talent, aber welches ist meines?“ Menschen, die diese Frage für sich beantworten können, seien geistig und physisch gesünder, sagt der Personaler.“
Man sollte meinen, dass dies mittlerweile zum Allgemeinwissen gehört, ein Blick auf die Einwände gegen das Bürgergeld lehrt einen anderes. Dort wird, wie über die Jahre schon, Erwerbsteilnahme als solche schon für wertvoll gehalten, die Vorstellung (auch unter Fachwissenschaftlern) vertreten, wie hilfreich Sanktionen für die Erwerbsteilnahme seien und werden zuguterletzt noch Unternehmen (auch von Unternehmern selbst) zu Erziehungsanstalten erhoben. Der „Personaler“ hier scheint das klarer zu sehen. Der Zweck von Arbeitsverhältnissen ist Wertschöpfung, nicht Beschäftigung (siehe auch hier und hier).
Daraus ist nicht zu schließen, dass diese „Passung“ früher keine Rolle gespielt hätte, denn für jede Aufgabe, die jemand übernimmt, muss er Fertigkeiten und Fähigkeiten mitbringen, er muss eine Affinität zu ihr haben und sie muss seinen Neigungen einigermaßen entsprechen, damit er sich einlassen kann. Früher jedoch wurden diese Aspekte überlagert von der Verpflichtung, erwerbstätig zu sein, der Pflichtcharakter verdeckte die andere Seite, die Berufswahl konnte nicht mit Neigungen begründet werden. Wenn, wie seit einigen Jahren üblich, davon gesprochen wird, dass ein Beruf „Spaß“ machen müsse, ist das eine Übersteigerung von der Seite der Pflicht weg hin zum Amüsement, es wird dabei die Seite der Anstrengung, die nur die andere Seite der Erfüllung ist, verdeckt, so als dürfe die Anstrengung keine Rolle mehr spielen. Das ist eine Reaktion auf den übersteigerten Pflichtcharakter. Heute muss ein Beruf geradezu „Spaß“ machen, sonst hat man den falschen gewählt. Diese Übersteigerung sollte aber nicht über die grundlegenden Voraussetzungen hinwegtäuschen, die für erfolgreiches Berufshandeln nötig sind: die Passung eben.
Am Ende des Beitrags schreibt Deters:
„Doch was die Freiheit des einzelnen, sich Zeit mit einer Vertragsunterschrift zu lassen, Ansprüche zu stellen oder zu kündigen, stärken würde, hätte für die Unternehmen wohl folgenreiche Konsequenzen. Schon jetzt setzt ihnen der Fachkräftemangel zu. Die Kostensteigerungen aufgrund der Energiekrise und der hohen Inflation zwingen sie zudem zu Einsparungen – auch bei den Mitarbeitern. Wie stark diese ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen werden, wird der Winter zeigen.“
Was auf der einen Seite treffend dargestellt wird, dass die größeren Freiräume für Entscheidungen für die Unternehmen bedeuten, mehr auf Mitarbeiter eingehen zu müssen, birgt noch eine andere Seite, die hier nicht benannt wird. Wenn die „Passung“, das Passungsverhältnis zwischen Neigungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf der einen, der Aufgabe und den Arbeitsbedingungen auf der anderen Seite durch ein BGE gefördert wird, mündet das in eine bessere Leistung, weniger Reibungsverluste durch Unzufriedenheit, höhere Motivation – ohne dass man für eine Arbeitsverhältnis „brennen“ muss. Das gereichte den Unternehmen zu Vorteilen im Vergleich zu den verdeckten „Kosten“, die durch eine schlechtere „Passung“ heute entstehen. Darüber wird in der Fachkräftemangel-Diskussion wenig gesprochen, es handelt sich aber um eine knallharte Realität, der Unternehmen ins Auge sehen sollten, wo sie das nicht schon tun.
Zu den verdeckten „Kosten“ gehört ebenso, zwischen Beruf und Familie aufgerieben zu werden. Wenn deutlicher wird, wozu ein BGE einen wichtigen Beitrag leistet, wie ersetzbar der Einzelne in einem Arbeitsverhältnis, wie unersetzbar er in persönlichen Nahbeziehungen ist, wird das zu weiteren Klärungen führen und zur stärkeren Sachorientierung in der Erwerbstätigkeit statt ihrer anhaltenden Verklärung.
Sascha Liebermann