…über die Vorhaben der Regierung (S. 15 des Papiers) zum Bürgergeld und die Zumutbarkeit längerer Pendelzeiten zum Arbeitsplatz berichtete die tagesschau. Auf S. 15 heißt es dazu:
„Die Regelungen für die Zumutbarkeit von angebotener Arbeit sollten zeitgemäß überarbeitet werden. Dies gilt zum Beispiel für den Weg zur Arbeit. So sollte ein längerer Weg zur Arbeit als zumutbar gelten und eine tägliche Pendelzeit von 2 1⁄2 Stunden bei einer Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden und von drei Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden in Kauf genommen werden müssen.“
Auch wenn hier vorgesehen ist, für Personen mit Familie und pflegebedürftigen Angehörigen Ausnahmen zu schaffen, sind die Pendelwege enorm. Zum Arbeitstag von acht Stunden plus Pausenzeit von einer Stunde kommen noch drei Stunden Wegzeit, das sind insgesamt zwölf Stunden. Hierbei werden etwaige Staus und Unzuverlässigkeiten des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs vermutlich nicht berücksichtigt. Wer nun meint, man könne ja auch umziehen, ordnet dem Erwerbsarbeitsplatz alles unter – denn ein Umzug heißt auch, die vertraute Umgebung zu verlassen, die nicht nur Freunde umfasst, sondern auch andere für die Alltagsbewältigung wichtigen Dinge.
Das Papier aus dem Bundesministerium setzt damit bedauerlicherweise das Bashing von Bürgergeldbeziehern fort, obwohl das in keiner Hinsicht eine Lösung verspricht: für Arbeitgeber (Unternehmen als Erziehungsanstalten) nicht, die Mitarbeiter, die sich nur der Sanktionsdrohung wegen bewerben, nicht brauchen können; den Bürgergeldbeziehern nicht, die eine Aufgabe suchen und wahrnehmen möchten, mit der sie Neigungen und Interessen verbinden können (und nicht egal welche); dem Gemeinwesen nicht, weil der Leistungsbegriff entleert und durch Beschäftigung ersetzt wird.
Sascha Liebermann