„Leistungsprinzip? Nein, Leidenschaftsprinzip“

Genau dieses Motto steht am Ende eines Beitrags im Magazin der Süddeutschen Zeitung mit dem Titel „Sie spinnen, Herr Jauch“.

Die Autorin, Meike Winnemuth, spricht treffend aus, was das Motto wäre, wenn wir das bGE eingeführt hätten:

„Vielleicht ist das die wahre Millionenfrage, nennen wir sie den Günther-Jauch-Test: Wer auf die Frage, ob er beim Gewinn von viel Geld kündigen würde, »sofort« sagt, sollte vielleicht auch ohne die Million gehen. Denn er ist am falschen Ort und hat fast schon die Pflicht, sich etwas zu suchen, was ihn glücklich macht – man hat nur ein Leben. Aber gehen, wenn man glücklich ist? Aufgeben, was man liebt? Um sich am Rand eines Swimmingpools zu langweilen?

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich habe auch schon gekündigt, immer dann nämlich, wenn keine Liebe für das da war, was ich tat. Und wenn ich jetzt sage: Ich würde auch dann noch arbeiten, wenn ich nicht müsste, dann meine ich nicht, dass Arbeit nicht gut bezahlt werden sollte. Im Gegenteil: Diejenigen sollten Geld verdienen, sogar wahnsinnig viel Geld, die für das, was sie tun, brennen: die Krankenschwester, die lieber einmal zu viel nach dem Rechten schaut, der Lehrer, der nachmittags einen Workshop nachschiebt. Denn wer liebt, was er tut, macht es auch gut. Leistungsprinzip? Nein, Leidenschaftsprinzip. Was für ein Geschenk, so einen Beruf zu haben. Und das dem Leben vor die Füße werfen? Ganz ehrlich: Sie spinnen wohl.“

Auch heute ist die Suche nach dem, was einen erfüllt, nicht von einer anderen, sondern von dieser Welt (siehe „You’ve got to find what you love“). Doch, wer kann so einfach kündigen, wenn er Familie hat? Für Alleinstehende ohne Kinder ist das auch heute noch viel leichter möglich als für Eltern. Mit einem bGE wäre es allen möglich. Wer die Möglichkeiten nicht nutzen würde, müsste dafür selbst geradestehen.

Wer nun einwendet, das treffe vielleicht für Leute mit guter Ausbildung zu, dem sei unser Beitrag zu dieser Frage empfohlen.

Sascha Liebermann

Zwei Veröffentlichungen – Buch zur Finanzierung und Studie

Buch

BIEN Schweiz hat ein Buch, „Die Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens“ herausgegeben. Es ist im Seismo-Verlag erschienen. Aus der Ankündigung: „Drei Beiträge aus der Schweiz zeigen verschiedene Wege, ein bedinungsloses Grundeinkommen finanziell abzusichern (Bernard Kündig, Vizepräsident, und Albert Jörimann, Präsident von BIEN-Schweiz, sowie Daniel Häni und Enno Schmidt von der „Initiative Grundeinkommen“). 5 internationale Beiträge (Frankreich, Deutschland, 2x Grossbritannien, Südafrika) geben einen Ausblick auf den globalen Kontext dieser Diskussionen.“

Studie

Vorstellung am 5. November. Aus der Einladung:

„Die Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung hat mehr als 2.100 Bundesbürger befragt und Antworten erhaltenauf Fragen wie: Welchen Stellenwert besitzt Arbeit heute? Wie stehen die Bürger zum Bedingungslosen Grundeinkommen? Mit welchen Veränderungen ist hinsichtlich des Arbeitsangebots nach Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens zu rechnen?
Prof. Dr. Friedrich Schneider, Studienleiter und Professor am Institut für Volkswirtschaftslehre der Johannes-Kepler-Universität Linz, stellt die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage vor. Im Anschluss diskutiert er die Ergebnisse unter anderem mit: Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB Bündnis 90/Die Grünen, Prof. Götz W. Werner, Gründer von dm-drogerie markt und der Initiative Unternimm-die-Zukunft und Susanne Wiest, Initiatorin der Petition für ein Bedingungsloses Grundeinkommen an den Deutschen Bundestag.“

Hier geht es zur Einladung

„Wir könnten uns mehr Großzügigkeit leisten…“

…so endet der Beitrag von Kolja Rudzio – „Für fünf Euro mehr“ – in Die Zeit vom 30. September.

Im Wortlaut:

„Wir könnten uns mehr Großzügigkeit leisten, und Hartz IV würde immer noch funktionieren. Das wäre ein Signal an viele Menschen, die davon leben müssen: Ja, wir erwarten, dass ihr euch anstrengt. Aber wir wissen auch, dass das nicht immer zum Erfolg führt. Dann sind wir bereit zu teilen.“

Was so milde daherkommt, so verständnisvoll für die Hartz IV-Bezieher, offenbart eine feudalistische Haltung. In einer Demokratie, in der alle Macht vom Volke, also vom Souverän, ausgeht; in der der Souverän nicht nur die Legitimationsquelle jeglicher Entscheidung ist, sondern vor dem auch jegliche Entscheidung gerechtfertigt werden muss, geht es nicht um Großzügig- oder Kleinmütigkeit. Es geht nicht darum, wie generös wir sein mögen, sondern um die Frage, wie wir zum Wohle des Gemeinwesens uns Bürgern den Rücken stärken können. Wer diese Frage in eine von „Großzügigkeit“ verkehrt, unterhöhlt die Grundfesten unsers Gemeinwesens (siehe auch unseren früheren Kommentar zum selben Autor).

Einkommenssicherheit, wie sie ein bedingungsloses Grundeinkommen leisten will, ist kein Almosen, keine großzügige Geste. Es ist eine Frage um’s Ganze, die lautet: was gilt uns der Bürger. Nimmt man diesen Artikel als Symptom dafür, wie wir über uns selbst denken, steht es um den Bürger schlecht.

Sascha Liebermann

Grundeinkommen im Bundestag – das Fest zur Petition am 7. und 8. November in Berlin

Aus Anlass der bevorstehenden Anhörung von Susanne Wiest im Petitionsausschuss wird es am 7. und 8. November in Berlin ( Sophiensäle, Sophienstraße 8 ) ein Fest geben.

Zur Website geht es hier: Das Fest zur Petition.

Organisiert hat es Susanne Wiest gemeinsam mit einigen Mitstreitern. Unterstützung, sei es finanziell, sei es tatkräftig, sei es auf beiderlei Weise, ist erwünscht.

Presseerklärung von Susanne Wiest.

 

 

 

 

Anhörung von Susanne Wiest – Saal wieder voll/ Videoübertragung

Auch der zweite Saal, in den nach zahlreichen Besucheranmeldungen ausgewichen wurde, ist schon wieder ausgebucht.

Was im Vorfeld und zur Anhörung getan werden könnte:

  • Die Kölner Initiative Grundeinkommen ruft auf: Besuchen Sie Ihren Bundestagsabgeordneten
  • Besuchen Sie Mitglieder des Petitionsausschusses
  • Organisieren Sie ein Public Viewing für diejenigen, die nicht nach Berlin fahren können oder wollen. Sie benötigen nur ein leistungsfähiges Notebook und einen Beamer, eventuell eine Leinwand oder eine weiße Wand. Die Anhörung wird live im Internet übertragen.
  • Noch immer ist auch eine große Demonstration am 6.11. geplant. Wie der Stand der Dinge ist, erfahren Sie bei den Veranstaltern. Wie wir zu der Sache stehen, finden Sie hier.

Weitere Veranstaltungen finden Sie auch im Grundeinkommenskalender.

Ralph Boes zieht sich aus „Unternimm das jetzt!“ zurück

Wie am 10. Oktober auf der Website der Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen e.V. gemeldet wurde, zieht sich Ralph Boes aus der Kampagne „Unternimm das jetzt!“ zurück. Er beendet auch die Zusammenarbeit mit „Global Change“.

Auszüge aus seiner Begründung:

„…hiermit teile ich mit, dass ich meine Zusammenarbeit mit Global Change auflöse und mich als Mitverantwortlicher aus der Kampagne „Unternimm das Jetzt“ zurückziehe. Es hat sich vielfachst gezeigt, dass eine förderliche Zusammenarbeit zwischen mir und der „Kampagnenleitung“ nicht möglich ist.

P.s.:
Ich danke den Mitgliedern von Global Change, deren Arbeit und unermüdlichen Einsatz ich – trotz aller Differenzen – sehr schätzen gelernt habe. Ich danke den Mitgliedern der BbG, die ebenfalls mit unermüdlichem Einsatz in der Arbeit für die Demo stehen.
Mein Austritt ist als eine persönliche Konsequenz aus unüberbrückbaren Widersprüchen in den Grundhaltungen zwischen Tom Aslan und mir zu sehen, bedeutet aber nicht, dass die Projekt-Zusammenarbeit zwischen der BbG und Global Change damit beendet ein muss.
Um die Demo zum Ziel zu führen, wird Global Change weiter auf die Unterstützung der BbG rechnen können.“

Wir hatten im Juli über die Aktivitäten berichtet. Über die intransparente Selbstdarstellung von „Global Change“ wunderten wir uns und haben deswegen die Kampagne auch nicht unterstützt. Wer sich überlegt, ob er sich ihr noch anschließen soll, sollte sich ein gründliches Bild von den Akteuren verschaffen.

Aufkleber seit heute auch in Berlin

Ab heute, den 11. Oktober, bis zum 10. November sind unsere Aufkleber in Berliner S-, U- und Straßenbahnen angebracht. Wir wollen damit auch auf die Anhörung zur Petition von Susanne Wiest am 8. November aufmerksam machen. Falls Sie die Aufkleber sehen und ein Foto machen können, schicken Sie es uns.

Kontakt zu lokal aktiven Berliner bGE-Initiativen:

Bürgerinitiative bedingungsloses Grundeinkommen e.V.

Initiative Grundeinkommen Berlin

Grundeinkommen ohne Mindestlohn ein Kombilohn?

Nicht mit Frage-, sondern mit Ausrufezeichen versehen wurde kürzlich in einer Veranstaltung behauptet: Ein bedingungsloses Grundeinkommen, das nicht mit einem Mindestlohn verbunden werde, sei ein Kombilohn (siehe auch unseren älteren Beitrag). – Verwirrung oder Strategie?

Ein Kombilohn ist eine Subvention, je nach dem durch Lohnkostenzuschuss an den Arbeitnehmer oder -geber, die nur gewährt wird, wenn eine Person eine Erwerbstätigkeit aufnimmt. Es handelt sich also um eine zweckgebundene Subvention, eine Lohnaufstockung durch staatlichen Transfer. Wo keine Erwerbstätigkeit aufgenommen wird, kommt der Kombilohn nicht zustande. Das bGE hingegen ist eine personengebundene, jedoch zweckungebundene Subvention, es wird qua Staatsbürgerschaft oder dauerhafter Aufenthaltsberechtigung gewährt. Es handelt sich also um einen grundsätzlichen Unterschied: das bGE stützt die Person, der Kombilohn das Beschäftigungsverhältnis.

Verwirrung oder absichtliche Irreführung liegt vor, wenn – auch von Grundeinkommensbefürwortern – manchmal behauptet wird, das bGE wirke wie ein Kombilohn. Wer nur die rechnerische Seite betrachtet, mag dazu verführt werden, vom Ergebnis her auf die Verhältnisse zu schauen: Einkommenshöhe ohne bGE (Lohn: 2000 Euro) = Einkommen mit bGE (bGE: 1000 + Lohn: 1000). Die Summe könnte dieselbe sein, aber sie kommt auf anderem Wege zustande. Ob sie dieselbe wäre, hängt davon ab, wie Mitarbeiter und Unternehmen verhandeln. Mit bGE ist dem Einzelnen immer Verhandlungsmacht und Sicherheit gegeben, mit Kombilohn nicht, weil er von der Beschäftigung abhängt. Ein Unterschied ums Ganze also.

Wenn nun darüber hinaus behauptet wird, ein bedingungsloses Grundeinkommen habe nur dann diese Bezeichnung verdient, wenn es mit einem Mindestlohn verbunden werde, dann steht dahinter eine bestimmte Werthaltung (siehe hier und auch hier). Es soll damit offenbar eine Etikettierung in gute und schlechte bzw. in richtige und falsche Grundeinkommensvorschläge vorgenommen werden. Dabei lässt sich an dieser Argumentation für ein bGE plus Mindestlohn manches ablesen:

  • dass diejenigen, die das fordern, Erwerbstätige besser stellen wollen als Nicht-Erwerbstätige. Es soll ihnen eine zusätzliche Absicherung geboten werden über das bGE hinaus;
  • dass die Befürworter dieser Kombination Erwerbstätigkeit höher bewerten als andere Tätigkeiten, denn sonst würden sie nicht für die zusätzliche Absicherung plädieren. Statt diese Überbewertung zu überwinden, halten sie an ihr fest;
  • dass sie den Bürgern im allgemeinen nicht zutrauen, so zu verhandeln, wie es den jeweiligen Vorstellungen entspricht. Jeder hätte das Ergebnis, das er aushandelt, auch zu verantworten, denn mit einem bGE wäre er auf den Lohn nicht angewiesen.

Verhandlungsmacht? Jüngst wurde ich nach einem Vortrag gefragt, was denn geschähe, wenn in einer Stadt, in der es nur vier Unternehmen gäbe, diese sich absprächen, so dass keine Verhandlungen über ein bestimmtes Lohnniveau hinaus möglich wären. Die Antwort war einfach: dann wäre es notwendig, dass sich diejenigen, die höhere Löhne erzielen wollen, organisieren. So sind einst die Gewerkschaften entstanden.

Ein bGE kommt nicht von alleine, wir müssen uns dafür einsetzen. Wer daran zweifelt, dass dies etwas bringe, der schaue auf die Entwicklung der Grundeinkommensdebatte in den letzten Jahren.

Sascha Liebermann