…so in einem Beitrag bei Spiegel online, der sich auch mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen befasst. Lobo weist zurecht auf die vereinseitigende oder verkürzende Diskussion über Digitalisierung und BGE hin, aber was macht er dann daraus?
„Der Subtext vieler solcher Diskussionen ist, dass die Hälfte der heutigen Arbeitnehmer demnächst nicht mehr gebraucht werde. Das wäre ein gewaltiges Problem, das mit Geld allein nicht lösbar wäre. Mir erscheint die Rede vom bedingungslosen Grundeinkommen in Davoser Sphären als diffuser Phantombegriff, als Rechtfertigung, die vom Arbeitsmarkt Ausgeschlossenen in Zukunft ignorieren zu dürfen. Hier hast Du Geld, jetzt halt die Schnauze, kauf Dir ein Smartphone und geh aus dem Weg!“
Dass in Davos und anderswo auf diese Weise hier und da diskutiert worden ist, gut, aber was hat das mit dem BGE als solchem zu tun? Seine Ausgestaltung hängt nicht von wenigen ab, sondern davon, was die Bürger wollen oder sich gefallen lassen. Entweder ist Lobo nicht im Bilde, was die aktuelle Diskussion betrifft oder er will sie abtun. Da hätte er sogar im Spiegel anderes lesen können, kürzlich von Florian Diekmann.
Weiter schreibt er:
„Meine Perspektive auf die Arbeit in der kommenden Digitalisierung ist keine technologische, sondern eine soziale. Sozialstaatliche Strukturen, Bildung und Fortbildung haben auf die Zukunft der Arbeit der einzelnen Menschen einen ungleich größeren Einfluss als Technologien.“
Ja, im Tenor der allgemeinen Rede von Bildung, Bildung, Bildung kann er damit nichts Falsches sagen, aber was heißt schon Bildung, wenn es immer nur um Arbeitsplätze geht, also Bildung für Arbeitsplätze?
„Die Frage der Politik zu Arbeit und Digitalisierung darf nicht heißen: Was machen wir mit denen, die durch Digitalisierung keine Arbeit mehr finden? Sondern: Wie gehen wir mit Geringverdienern um? Denn deren Zahl wird zunehmen, quer durch alle Berufe, aber besonders bei den geringer Qualifizierten.“
Sonderbare Gegenüberstellung, die einen müssen uns nicht kümmern, die anderen schon? Interessant ist die Frage „Was machen wir mit denen…?“, die er nicht für richtig hält und sie durch die kaum bessere „Wie gehen wir mit … um?“ ersetzt wissen will. Beide sind paternalistisch, wenn damit mehr gemeint ein soll, als Regelungen und Möglichkeiten zu schaffen. „Geringverdiener“ sind kein Problem, nur ihr geringer Verdienst kann es für sie sein bzw. für die Volkswirtschaft. Darauf könnte ein BGE aber gerade eine Antwort sein, weil es eine Absicherung schaffen würde.
Abschließend heißt es dann:
„Ein Umbau des Sozialstaats erscheint aus demografischen und digitalisierungsbezogenen Gründen erforderlich. Zum Beispiel, was die Absicherung von Selbstständigen angeht oder die Anpassung an die sehr divers gewordenen Lebensentwürfe selbst durchschnittlicher Arbeitnehmer. Ein solcher Wandel ist aber wenig wahrscheinlich, weil eine Menge Leute nicht zu Unrecht befürchten, dass dabei mehr Schaden als Zukunftsfähigkeit entsteht.“
Und dann? Kopf in den Sand? Was ist mit den Nicht-Arbeitnehmern? Eine erstaunlich beschränkte Perspektive, die der Autor da einnimmt. Das klang schon einmal anders, siehe hier und hier.
Sascha Liebermann
Nachtrag 7.5.: Beim Verfassen des Beitrags war mir entgangen, dass Sascho Lobo selbst davon spricht, skeptischer geworden zu sein, ohne ein BGE „vollständig ausschließen zu wollen“. Damit erübrigt sich mein Hinweis am Ende, nicht aber meine Kritik an dem seinen Ausführungen innewohnenden Bildungsverständnis. Auch hat er nur Arbeitnehmer im Auge, ein BGE greift weiter, würde der Diversität des Lebens viel mehr entsprechen als der heutige Sozialstaat. BGE und Digitalisierung haben ohnehin wenig miteinander zu tun.
Nachtrag 8.5.: Aufgrund ungenauen Zitierens habe ich den Beitrag nochmals überarbeitet, Dank für den Hinweis an Sascha Lobo.