…so war, sinngemäß, Andrea Nahles bei Maybrit Illner in der letzten Sendung zu vernehmen. Es ging um das Konzeptpapier, das die SPD kürzlich vorgelegt hatte, mit dem ein Aufbruch in eine andere Sozialpolitik versprochen wird. Irritierend war dabei zum einen die von ihr geübte Kritik am Karottenmodell der Motivation (Lockmittel vor die Nase halten), das letztlich meint, die Bürger müssten nur angereizt (gelockt oder manipuliert) werden. War es aber nicht kürzlich Bundesarbeitsminister Heil (alle anderen Parteien benutzen diese Redeweise ja auch), der meinte, die hart Arbeitenden hätten sich die Grundrente verdient. Und was ist mit den anderen?
Auf Sanktionen werde überhaupt nicht verzichtet, machte Nahles deutlich, der Umgang solle respektvoll, der Staat ein Partner sein. Sicher, der Ton macht die Musik, aber an der Sanktionsdrohung ändert das gar nichts, sie wird nur netter verpackt. Wobei man sich dann fragt, worin nun der Abschied von Hartz IV bestehe, aber diese Frage steht schon seit letztem Jahr im Raum.
Wer Christian Lindner reden hörte, gewinnt den Eindruck, bei der FDP werden genau wie bei der SPD und den anderen Arbeitsplätze über alles gestellt, ganz gleich, ob sie für die Wertschöpfung nötig sind oder nicht. Das läuft jedoch gerade auf eine Entwertung von Leistung hinaus, wenn Arbeitsplätze aus sozialfürsorgerischen Gründen geschaffen werden sollen. Als sei der Einzelne nicht in der Lage, sich selbst im Leben zu orientieren – dazu braucht er nur ein stabiles Mindesteinkommen in ausreichender Höhe. Da wären wir allerdings beim Bedingungslosen Grundeinkommen, das gerade nicht gewollt wird.
Siehe auch folgende Kommentare zur Sendung von Hans Hütt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Lars Langenau in der Süddeutschen Zeitung. Keiner von beiden greift Leistungsentwertung und semantische Verschönerung von Hartz IV auf.
Sascha Liebermann