…Diese Frage stellt sich, nachdem Jens Jessen am Ende dieses langen Gesprächs mit Isabella Weber danach fragt, was sie von einem Bedingungslosen Grundeinkommen halte (ab 2:50:39). Was antwortet sie?
Etwas salopp sagt sie, „nich so en riesiger Fan“ davon zu sein, „alle sozialstaatlichen Probleme“ darüber zu lösen. Ich verstehe die Frage als eine Frage an eine Expertin, nicht danach, ob sie es befürwortet, nur in der Hinsicht könnte sie ein Fan sein. Wer schlägt denn vor, fragt man sich, über ein BGE – Weber spricht vom Universal Basic Income – alle sozialstaatlichen Probleme zu lösen? Bezieht sie sich womöglich nur auf die US-Debatte? Sie erwähnt keine Namen, außer den Milton Friedmans, insofern ist die Aussage rätselhaft, denn wohl gibt es solche Befürworter, die das anstreben, gerade in den USA und seinen libertären Kreisen (dazu kann man auch die Silicon Valley-Denker zählen), doch in Kontinentaleuropa? Hier wird doch durchaus deutlich darauf hingewiesen, dass es beim BGE um ein Sockeleinkommen gehe, über das hinaus es weiterhin bedarfsgeprüfte Leistungen und andere Infrastruktur geben müsse. Weshalb erwähnt sie das nicht? Mindestens diese Differenzierung wäre wichtig gewesen, um nicht eine solch verkürzte Einschätzung abzugeben. Die Bezugnahme auf Milton Friedman ist dazu noch an der Sache vorbei, denn er schlug eine Negative Einkommensteuer vor (siehe auch hier), die eben kein BGE ist. Damit ist der Differenzierungsverlust schon erheblich, womöglich kennt sich Weber in der Debatte nicht aus, aber dann eine solche Aussage zu machen, überrascht doch, warum sich nicht enthalten?
Dass der Staat sich aus der Verantwortung stehle oder herauskaufe, ist zwar möglich, das befürchten ja auch andere, wie z. B. Christoph Butterwegge, aber keineswegs eine Folge des BGE, sondern Folge eines bestimmten Sozialstaats- bzw. Staatsverständnisses, zu der es eines BGEs nicht bedarf. Wenn die Bürger das wollen bzw. es sich bieten lassen, dann wäre das so, in der Tat. Mit einem BGE hat das nicht notwendig zu tun.
Die Entgegensetzung, die sie dann vornimmt, dass nämlich gerade jetzt der Staat doch Infrastruktur aufbauen müsse, um stabilisierend wirken zu können, hätte genauso gut zum BGE gepasst, denn es ist ein Teil dieser Infrastruktur, allerdings einer, der es dem Einzelnen überlässt, was er daraus macht. Man könnte den Kommentar auch so zusammenfassen: Was in libertären US-Debatten auf die Spitze getrieben wird, die Stellung des Individuums, bleibt hier geradezu unbeachtet.
Das von Weber erwähnte Buch ist beim Verlag für den April 2023 angekündigt, da wird man lesen können, was die Autoren denn schreiben.
Sascha Liebermann