Audiomitschnitt einer Veranstaltung zum bedingungslosen Grundeinkommen

Am 16. Juni fand eine Podiumsdiskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen in Köln statt. Veranstalter war common purpose unter Mitwirkung der Kölner Initiative Grundeinkommen

Auf dem Podium diskutierten:
Dr. Lale Akgün (MdB a.D., Politikerin, Ärztin, Psychologin, Autorin), Dr. Sascha Liebermann (Mitbegründer und Sprecher der Initiative „Freiheit statt Vollbeschäftigung“), Wolfgang Scheiblich (Geschäftsführer des Sozialdienst katholischer Männer e.V.), Christoph Schlee, Gründungsmitglied der Kölner Initiative Grundeinkommen e.V. sowie Dr. Sebastian Lotz, Volkswirt beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Moderation: Kerstin Stromberg-Mallmann.

Audiomitschnitt des Impulsvortrags von Sascha Liebermann
Fragen an Sascha Liebermann nach dem Vortrag
Audiomitschnitt der gesamten Veranstaltung

Einen Kommentar zu Äußerungen von Sebastian Lotz (so wie Sascha Liebermann sie erinnerte) finden Sie hier.

„Macht das Grundeinkommen faul?“ – Theo Wehner über Grundeinkommen

Enno Schmidt spricht mit Prof. Theo Wehner über die Psychologie des Grundeinkommens. Was sind die Motive für die Arbeit? Wann und wie verändern sich diese? Wie wird Gerechtigkeit erlebt? Was für einen Stellenwert haben (konkrete) Utopien in unsere Gesellschaft?

Prof. Dr. Theo Wehner arbeitet im Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften an der ETH Zürich und leitet die Forschungsgruppe “Psychologie der Arbeit in Organisation und Gesellschaft.”

Macht das Grundeinkommen faul? from grundeinkommen.tv on Vimeo.

Schweizer Fernsehen – Pfarrer Andreas Peter zum Grundeinkommen

Der reformierte Pfarrer Andreas Peter spricht im Schweizer Fernsehen zum Grundeinkommen. Er findet die Idee des bedingungslosen Grundeinkommen bereits in der Bibel verankert. Bedenkt man, wie sich kürzlich die Deutsche Bischofskonferenz geäußert hat, ist es ein erstaunliches Wort zum Sonntag. Allerdings gibt es auch in Deutschland Kirchenvertreter, die das bGE unterstützen, z.B. Bischof Knuth.

Wort zum Sonntag vom 02.07.2011

„Rechte der Arbeitsuchenden stärken – Sanktionen aussetzen“ – Schriftliche Stellungnahmen online

Nachdem Anfang Juni die Anhörung im Ausschuss Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages stattfand, liegen nun auch schriftliche Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen vor. Die Stellungsnahme Prof. Stephan Lessenichs, der die Sanktionen kritisiert und für ihre Abschaffung und die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens plädiert, findet sich hier.

Siehe auch den Bericht des Netzwerk Grundeinkommen dazu.

Deutsche Bischofskonferenz zum bedingungslosen Grundeinkommen

Die Deutsche Bischofskonferenz äußert sich in ihrem aktuellen Impulspapier Chancengerechte Gesellschaft auch zum bedingungslosen Grundeinkommen. Auf S. 31 ist folgendes zu lesen:

„… Vor diesem Hintergrund ist die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen kritisch zu sehen. Falls dieses Grundeinkommen zu niedrig ist, um den Lebensunterhalt zu decken, sind zusätzliche sozialstaatliche Maßnahmen erforderlich. Falls das Grundeinkommen jedoch so hoch ist, dass ein auskömmlicher Lebensstandard ohne eigenständige Erwerbstätigkeit abgedeckt ist, stellen sich nicht nur erhebliche Finanzierungsprobleme. Es besteht auch die Gefahr, dass Einzelne oder ganze Gruppen dauerhaft nicht mehr am Erwerbsleben teilhaben. Insbesondere jüngere Menschen könnten mit einem bedingungslosen Grundeinkommen zu geringe Anreize haben, eine gute Schulbildung und Ausbildung zu absolvieren. …“

Siehe auch das Statement zur Vorstellung des Papiers von Kardinal Marx

Man beachte auch, welcher wissenschaftliche Sachverstand zur Verfassung des Papiers hinzugezogen wurde (S. 7). Von der Idee, dass der Mensch als Ebenbild Gottes geschaffen wurde, ist in dem Papier auch nichts mehr übrig, wie man an den Ausführungen zum bGE erkennt.

Apropos, auch der verbreitete Rückgriff auf das Subsidiaritätsprinzip, dem das bGE angeblich widerspreche, ist nicht haltbar, Subsidiarität und bGE bilden keinen Gegensatz.

Kritik kommt nun auch von katholischer Seite, siehe Chancengerechte Gesellschaft – eine Stellungnahmevon Bernhard Emunds, Hermann-Josef Große Kracht, Karl Gabriel und Matthias Möhring-Hesse

Letzterer hat sich schon öfter zum bedingungslosen Grundeinkommen geäußert, siehe unseren früheren Kommentar „Die Furcht vor der Freiheit – überfordert das Grundeinkommen die Menschen?“.

50’000 Menschen gefällt das Grundeinkommen bei Facebook – Anstoßen an zahlreichen Bahnhöfen heute um 18 Uhr


Die Initiative Grundeinkommen Basel meldet:

„50’000 Menschen gefällt das Bedingungslose Grundeinkommen auf Facebook. Ein echter Grund mit allen, die die Idee des Grundeinkommens unterstützen zu feiern und anzustoßen.

Am Dienstag, 28. Juni ist es soweit. Wir laden euch alle herzlich ein an eurem Bahnhof um 18.00 Uhr mit anzustoßen. Mittlerweile sind schon zahlreiche Verabredungen an Bahnhöfen entstanden, wie ihr der Karte entnehmen könnt. Wenn ihr genau wissen wollt, wer noch an eurem Bahnhof sein wird, zoomt euch hinein und klickt auf die einzelnen Punkte oder schaut einfach auf diese Tabelle. Dort seht ihr auch, wo sich die einzelnen Leute am Bahnhof treffen wollen und ihr sie evtl. einsammeln könnt. Noch in die Karte eintragen könnt ihr euch hier…“

Tabelle mit Treffpunkten

„Ich sehe ja, was passiert, wenn mein Chef nicht da ist“

Sich selbst als Beispiel nehmend erläuterte kürzlich in einer Podiumsdiskussion ein Diskutant vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), kurz: der Kritiker, was passieren würde, gäbe es ein bedingungsloses Grundeinkommen. Er verglich die Situation nach der Einführung eines bGE mit der, wenn sein Chef außer Haus ist. Dann lasse seine Leistungsbereitschaft und -fähigkeit nach. Genau das erwarte er von der Einführung eines bGE; da es einen unabhängig mache von Aufsicht und Anleitung, sei ein Leistungseinbruch zu erwarten.

Das Beispiel ist aufschlussreich, es sagt wenig über das bGE und viel über die Arbeitshaltung des Kritikers. Sollte seine Arbeitsleistung tatsächlich von der Anwesenheit seines Chefs abhängen, dann wäre das IW gut beraten, darüber nachzudenken, ob dieser Mitarbeiter am richtigen Ort ist. Was kann schon von einem Mitarbeiter erwartet werden, auf dessen Motivation und Bereitschaft, seine Aufgaben verantwortungsvoll wahrzunehmen, kein Verlass ist, der nur dann seine Verantwortung wahrnimmt, wenn er beaufsichtigt wird? Oder liegt hier eine Selbsttäuschung in zweierlei Hinsicht vor?

Das Beispiel könnte auch so gelesen werden:
1) Die Abwesenheit des Chefs offenbart ihm, unter welchem Druck er steht, wenn der Chef im Hause ist. Zwar ist er in seiner Anwesenheit geschäftig, macht viel, aber nicht so gründlich, wie es notwendig wäre. Das könnte zum einen daran liegen, dass er zu Dingen gedrängt wird, die er sachlich nicht für begründet hält, zum anderen daran, dass ihm nicht die Zeit gegeben wird, die er bräuchte, um gut zu arbeiten.
2) Die Abwesenheit seines Chefs offenbart ihm selbst, dass es ihm an innerem Antrieb fehlt und er konsequenterweise die Stelle aufgeben müsste, dazu sich aber nicht im Stande sieht, weil er sich mit dem angenehmen Einkommen eingerichtet hat und bislang nicht weiß, was er sonst machen soll. Hier muss vielleicht ergänzt werden, dass der Kritiker selbst darauf verwies, wie gerne er zu den Bundesligaspielen des FC Köln gehe und die Tickets sich nur leisten könne, wenn er eine Stelle habe.

Kann sich jemand über seine eigenen Motive täuschen, ist das nicht eine unverschämte Unterstellung?

In der Tat kann man sich über die eigenen Motive und Überzeugungen täuschen. Deutlich wird dies an dem zweiten Beispiel mittels dessen das bGE als kontraproduktiv abgetan werden sollte. Der Kritiker bemühte wiederum seine Lebenserfahrung. Er habe Zivildienst geleistet, und zwar in der Pflege von dementen Senioren. Im Nachhinein empfinde er die Erfahrung als sehr wichtig und wolle die Zeit nicht missen. Doch im Vorhinein sei er von dieser Aufgabe nicht so begeistert gewesen. Hätte er nicht Zivildienst leisten müssen, wäre ihm diese Erfahrung verschlossen geblieben.

Moment mal, Verpflichtung wozu? Zivildienst als Ersatz für Wehrdienst ist verpflichtend, das ist zutreffend, nicht aber die Art des Dienstes, die muss der Zivildienstleistende selbst aussuchen. Der Kritiker hat sich also diese Aufgabe selbst gesucht, hat sich, trotz seiner Bedenken, dennoch für die Pflege von Dementen entschieden. Würde ein bGE dies verhindern oder erschweren? Gerade nicht, ein bGE erklärt genau dies für wünschenswert, was das Beispiel belegt: sich auf etwas einzulassen, dessen Ausgang ungewiss ist. Das ist die Voraussetzung dafür, Erfahrung machen zu können. Und noch mehr: das bGE würde, dadurch dass es Erwerbstätigkeit relativierte und zu einem Engagment unter anderen erklärte, auch bessere Voraussetzungen dafür schaffen, sich einem Dienst wie der Pflege womöglich ehrenamtlich zu widmen. Selbst eine erwerbstätiges Engagement in der Pflege geschähe ganz ohne die Notwendigkeit, seinen Lebensunterhalt sichern zu müssen. Ein bGE verringert also nicht die Möglichkeiten, es vermehrt sie, schafft Freiräume, die heute nicht bestehen und bestärkt darin, das zu tun, was der Einzelne für wichtig und richtig erachtet.

Sascha Liebermann