Mit etwas Wohlwollen…

…lässt sich hinter dem unglücklichen Begriff „Work-Life-Balance“ sehr wohl ein Problem erkennen, das auch dann nicht verschwindet, wenn der Einzelne eine „Arbeit“ findet, die zu ihm passt. Es bleibt nämlich das dauerhafte Spannungsverhältnis zwischen dieser „Arbeit“ und der Zeit für Familie und Kinder oder auch Angehörige – beides geht nicht zur selben Zeit. Das erste kann gut delegiert und von anderen erledigt werden, das zweite ist in seiner besonderen Form als persönliche Nahbeziehung an die konkrete Person gebunden und kann nicht delegiert, aber auch nicht nachgeholt werden. Selbst ein BGE würde dieses Spannungsverhältnis nicht aufheben, es würde lediglich den Raum schaffen, sich sorgsam zu überlegen, was wann Vorrang haben muss. Solange Erwerbstätigkeit Vorrang hat, gerät das andere unter die Räder.

Sascha Liebermann

„Fragwürdige Drittelung des Lebens“…

…lautet die Überschrift zu einem Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung von heute, der eine interessante Perspektive eröffnet, aber keine Lösung benennt. Er erinnert an die heutige Unterteilung des Lebens in drei Phasen – Aufwachsen und Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Ruhestand/Freizeit – und fragt, ob sie denn den noch zeitgemäß sei. Work-Life-Balance, so die Kritik, reiße Momente des Lebens auseinander, die zusammengehören, eben die genannten drei.

Auch wenn der Beitrag, ohne es auszusprechen Lösungsvorschläge erahnen lässt wie Verlängerung der Lebensarbeitszeit und Senkung der Standards sozialer Absicherung, spricht er dies nicht offen aus. Im Gang der Gedankenführung jedoch könnte am Ende, wie eine reife Frucht, die gepflückt werden kann, das bedingungslose Grundeinkommen stehen. Alles, was der Beitrag benennt, wäre möglich, ohne jemanden zu etwas bestimmtem zu drängen. Der Verzicht auf ein Renteneintrittsalter, wenn durch das bGE für eine dauerhafte Absicherung – wenn auch nicht des Lebensstandards – gesorgt wäre; mehr Zeit für Familie, wer will; früheres Ende der Erwerbstätigkeit, wenn gewünscht usw. Im Unterschied zu Vorschlägen wie der Verkürzung der Arbeitszeit, der Einführung eines Mindestlohns und der Erhöhung der Erwerbsquote – alles Ziele, die Erwerbstätigkeit weiterhin zum Zentrum des Lebens machen würden, böte das bGE einen freiheitlich-solidarischen Ausweg. Es liegt in der Luft.

Sascha Liebermann