…so der Ökonom Stefan Schulmeister laut einem Bericht von neues deutschland. Siehe auch „Ein Grundeinkommen für freie Medien“.
Kategorie: Yanis Varoufakis
„Grundeinkommen, yes please“…
…eine Kolumne von Daniel Binswanger in Das Magazin.ch.
„We should feed them“ – Yanis Varoufakis on Basic Income…
…, aber was meint er genau?
In einem Interview, das der ehemalige griechische Wirtschaftsminster dem Economist gab (siehe auch Basic Income News), äußert er sich mehrfach zum Grundeinkommen, ohne genauer auszuführen, welche Form des Grundeinkommens er im Auge hat. Nur durch den Verweis auf Philippe van Parijs Aufsatz „Why Surfers Shoud be Fed“ scheint auf, dass er offenbar ein BGE meint. Aber wie wird es begründet?
„Today we are facing a serious danger of large masses of people who have low economic value. This is a powder keg in the foundations of society. Making sure that the great wealth-creation which capital is capable of does not light this dynamite — the basic income approach — is absolutely essential, but it is not part of the social democratic tradition. Think about it. Now, either we are going to have a basic income that regulates this new society of ours, or we are going to have very substantial social conflicts that get far worse with xenophobia and refugees and migration and so forth. But I do not think that social democracy has the analytical skills to come to terms with this.“
Diese Passage lässt noch im Unklaren, was er vor Augen hat. „Large masses of people who have low economic value“ – also solche mit wenig oder niedrigem Einkommen bzw. Kaufkraft. Dieser Mangel könnte so „substantial social conflicts“ führen. Ein Grundeinkommen könnte hier Abhilfe schaffen, sofern es sich um Konflikte aus Einkommensmangel handelt. Dazu bedarf es aber noch keines BGE, das könnte irgendeine Form eines Grundeinkommens leisten, zu denen ja durchaus auch Hartz IV gehört, es müsste der Regelsatz nur erhöht werden.
„So I think the basic income approach is capable of doing this [Wohlstand allen zugänglich zu machen, SL] as long as (and this is what I emphasise when I talk to the Corbynistas) you can explain to them where the money will come from, that it will not be simply debt, that we are going to generate a lot more income and a chunk of it is going to fund this. But we, the Left, must not be fearful. I gave a talk some time ago in the United States and said: yes, surfers in California must be fed by the rest of us. We may not like that, we may feel they are bums, but they deserve a basic income too.
[Laughs] “
Auch hier ist noch nicht klar, was er genau meint, denn der Verweis auf van Parijs ist indirekt. Die Formulierung „must be fed by the rest of us“ geht allerdings davon aus, dass die einen die anderen versorgen sollten. Legt man diese Passage weit aus, dann bezieht sie sich auf alle, die keinen Beitrag zur ökonomischen Wertschöpfung leisten. Ich habe dies schön öfter als „Kostgänger“-Argument bezeichnet (siehe verschiedene Beiträge dazu hier), weil es einer Bilanzlogik folgt, hier allerdings positiv ausgelegt. Das ist ein primär ökonomischer Blick im Sinne einer Versorgung mit Einkommen und Gütern. In einem demokratischen Gemeinwesen gibt es aber nicht die einen, die für die anderen sorgen, es gibt nur ein Gemeinwesen von Gleichen, die füreinander einstehen.
Varoufakis fährt unmittelbar nach dem vorangehenden Zitat fort:
„OK, they don’t “deserve”, but they should have a basic income, because this is the way to stabilise society. But you need politicians that are capable of going out there and saying: “You see that lazy bum over there that you hate? We should feed him. And we should make sure he has a house. Because if he does not have a house and he gets sick and so on, he is a greater burden for all of us. And if there are lots of them and technological innovation produces a lot more of them, that would be macro-economically unsustainable. Those of us who want to work—because we enjoy it and have the opportunity—have the technology to produce so much wealth that we can feed the surfers.” But who says that?“
Dass er sich hier korrigiert („OK, they don’t deserve“), ist insofern interessant, als er damit die Bilanzlogik von Geben und Nehmen aufbricht. Aber wer ist nun „they“? Wenn es alle bekommen, bekommen es alle, da gibt es kein „we“ auf der einen und „they“ auf der anderen Seite, es gibt nur „uns“ – sofern wir von einer Demokratie sprechen. Wir benötigen auch nicht unbedingt „politicians“, die für ein BGE werben, wenn die Bürger es wollen, wird es kommen, dazu müssen sie sich artikulieren. Und dann argumentiert er wieder in der Bilanzlogik: besser ihn jetzt versorgen, als später noch mehr Last mit ihm zu haben, weil wir es nicht getan haben. Varoufakis bleibt in dem „we should feed them“ bis zum Schluß der Passage stecken, in dem die einen für die anderen sorgen.
Statt dieser Perspektive könnten wir für das BGE anders argumentieren, in dem wir herausstellen, dass es darum geht, wie wir die Autonomie in einem Gemeinwesen am besten fördern können, eine Autonomie, die ein wesentlicher Aspekt von Demokratien ist. Das ist eine Perspektive, die alle betrifft, nicht die „Versorgungsbedürftigen“.
Sascha Liebermann