Es ist nichts Neues, wenn die Nachdenkseiten wieder einmal „Skepsis“ gegenüber dem Bedingungslosen Grundeinkommen bekundeten, so auch am 16. Oktober in den Hinweisen des Tages (Hinweis Nr. 10). Anlass war die Meldung, dass Dax-Chefs eine bessere soziale Absicherung fordern. Auf den Nachdenkseiten wurde dem entgegengehalten, dieselben könnten sich doch für bessere Löhne einsetzen, das war wohl als Finte gegen das BGE gedacht, hat aber mit dem BGE gar nichts zu tun, weil es dabei um mehr geht als um bessere Löhne; es geht um ein anderes Verständnis von Arbeit, von Arbeit und Leben, von Tätigsein, von Gemeinwesen. Ein anderes Verständnis allerdings, das dem Bestehenden nicht einfach als Versprechen einer besseren Welt entgegengehalten wird. Vielmehr lässt sich dieses Versprechen als etwas verstehen, das im Bestehenden angelegt, schon enthalten ist. Die Diskussion um ein BGE weist also vielmehr auf Widersprüche im Bestehenden, auf verschenkte bzw. ignorierte Möglichkeiten hin, die nicht gesehen werden oder nicht gesehen werden wollen, weil an einer ganz bestimmten Wertigkeit von Arbeit und Solidarität festgehalten wird, wie jüngst die Ausführung von Michael Müller zu einem „solidarischen Grundeinkommen“ erkennen ließen. Erstaunen lässt einen diese Einseitigkeit der Nachdenkseiten gegenüber dem BGE, weil sie sonst viel auf ihre „kritische“ Haltung gegenüber dem Mainstream geben. Wenn es um das BGE geht, scheint davon nichts mehr übrig zu sein. Auch da dominieren bestimmte Werthaltungen. Das ist vollkommen legitim, es wäre dann allerdings angemessener, sie als solche zu kennzeichnen.
Mit Verweis auf zwei Beiträge wird das Kapitel zum BGE am 16. Oktober dann wieder geschlossen: „Konstruktionsfehler des Grundeinkommens“ und „Christoph Butterwegge: Argumente gegen das bedingungslose Grundeinkommen„. Zu beiden Beiträgen siehe zum einen meine Replik auf Jens Berger und auf Christoph Butterwegge z. B. hier und hier. Kommentare zur Haltung der Nachdenkseiten hier. Siehe auch den Briefwechsel zwischen Jens Berger und Herbert Wilkens, dokumentiert beim Netzwerk Grundeinkommen.
Sascha Liebermann