„Arbeit, die Menschen Würde gibt“? Timo Daum zum bedingungslosen Grundauskommen

In einem Beitrag von Timo Daum im Deutschlandfunk Kultur befasst er sich mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen als Ausfluss „neoliberaler“ Denkungsart. Noch deutlicher wurde dies in seinem Vortrag bei der SPD im vergangenen Sommer (ab Minute 11 hier, das Impulspapier hier). Daum zeichnet im DLF-Beitrag auf karikierende Weise die „neoliberale“ Variante eines BGE nach, um am Ende ein bedingungsloses Auskommen im Geist der Daseinsvorsorge nahezulegen. So spaltet er eine differenzierte Diskussion (die in den Medien so differenziert häufig nicht rezipiert wird) – noch deutlicher bei der SPD – in zwei Stränge auf, um sie leichter in Schubladen einzuordnen. Der eine Strang der Debatte, das ist in seinen Augen die „neoliberale“ Variante, mit der manche die „Überflüssigen“ abspeisen wollen. Die andere ist die wirklich gute Daseinsvorsorge und der Mindestlohn (siehe hier, hier und hier). In der Schlusspassage des Impulspapiers wird deutlich, was er vor Augen hat:

„Dem [der neoliberalen Variante eines BGE, SL] gegenüber stehen Bemühungen von linker Seite, eine öffentliche Daseinsvorsorge voranzubringen, die eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Und gleichzeitig die Entkopplung der Existenzsicherung von den Zumutungen traditioneller Arbeitsregime ermöglicht: ein bedingungsloses Auskommen. Damit können Arbeit und Einkommen entkoppelt werden, sodass die Arbeit, die Menschen Würde gibt, von Tätigkeiten unterschieden ist, die nur dem Einkommen dienen. Dies kann allen nutzen. Wir brauchen ein allgemeines Grundauskommen!“

Plädiert Daum hier für ein BGE? Das wird in dem Impulspapier nicht klar, in dem Vortrag ebensowenig, vielleicht hat er sich anderswo – in seinem Buch? – dazu eindeutig geäußert. Zumindest klingt sein „bedingungsloses Auskommen“ nach BGE und mehr. Damit plädiert er für etwas, was in der deutschen BGE-Diskussion ohnehin breite Unterstützung hat (sofern man sich nicht nur auf Joe Kaeser bezieht, der ohnehin kein BGE gefordert hat). Irritierend ist allerdings der Zusammenhang zwischen Würde und Arbeit, die er herstellt, denn Würde ist gerade etwas, das nicht erworben werden kann, sie ist etwas, das der Person als solcher zukommt. Entwürdigen kann man jemanden, weil er Würde hat. Arbeit gibt nicht Würde, sie kann allenfalls unwürdig sein. Wieso kommt Daum nicht auf die Demokratie zu sprechen, auf das naheliegendste überhaupt in politischen Zusammenhängen? Dann hätte ihm auffallen können, dass unsere politische Grundordnung genau das tut, die Würde ins Zentrum zu stellen, indem sie die Staatsbürger zum Ausgangspunkt aller Staatsgewalt macht. Deswegen ist ein BGE angemessen, es würde der Stellung der Staatsbürger in unserer Demokratie Rechnung tragen. Das entspräche dem Würdeverständnis des Grundgesetzes.

Sascha Liebermann