…konstatiert Ferdinand Knauß in der Wirtschaftswoche der Grundeinkommensdiskussion und kommt mit einem gravierenden Einwand daher, denn über Einwanderung wollen die Befüworter nicht reden: „Die meisten, die das Grundeinkommen fordern, blenden diese Frage [der Einwanderung, SL] einfach aus“. Wer sind „die meisten? Diese Behauptung ist schnell in den Raum geworfen, um die Borniertheit „der Befürworter“ anzuklagen. Oder ist es die Borniertheit Knauß‘, die er zu erkennen gibt, weil er nicht recherchiert?
Knauß verweist z. B. auf eine Formulierung des Netzwerk Grundeinkommen, um sie zu kritisieren, allerdings ohne eine genaue Quelle anzugeben:
„Das Grundeinkommen ist ein Menschenrecht, nicht ein Recht, das an eine bestimmte Nationalität gebunden ist.“ (Quelle: Fragen und Antworten, Nr. 16)
Diese Aussage ist in der Tat missverständlich, denn könnte es so verstanden werden, dass es jeder einfach so erhält, der die deutsche Grenze übertritt. Das ist heute nicht so und wird auch zukünftig nicht praktikabel sein, es sei denn man wolle den deutschen Sozialstaat gleich abschaffen. Doch das Netzwerk schreibt im selben Passus auch dies:
„Bei der Einführung eines Grundeinkommens zunächst in einem Land sollen auch Ausländerinnen und Ausländer das Grundeinkommen erhalten. Über die genaue Abgrenzung des Kreises der Berechtigten sowie darüber, welche Konsequenzen daraus für die Zuwanderung zu ziehen sind, hat das Netzwerk keine einheitliche Meinung.“
Und an anderer Stelle heißt es: „Ein Grundeinkommen ist ein Einkommen, das eine politische Gemeinschaft bedingungslos jedem ihrer Mitglieder gewährt.“ (Quelle)
Hieran wird also deutlich, dass es sehr wohl Bezugsregeln geben muss und das Netzwerk sie keineswegs – wie andere Befürworter ebensowenig – ausblendet.
Wer zitiert, kann Knauß nur vorgehalten werden, sollte dies vollständig tun, oder auf Widersprüche hinweisen, nicht aber sich herauspicken, was der eigenen Position gerade passt.
Wer recherchiert, wird noch andere Belege dafür finden, dass sich BGE-Befürworter mit der Frage der Migration befassen, so z. B. meine Wenigkeit (hier ab Stunde 1:08,38) und in den Jahren davor immer wieder. Eine kurze Suche mit Hilfe von Google hätte den Autor zu Veröffentlichungen z. B. von Philippe van Parijs und Yannick Vanderborght führen können, um in Erfahrung zu bringen, dass in der internationalen Diskussion ebenso darüber nachgedacht wird (hier und in ihrem neuen Buch). Auch Michael Opielka hat sich dazu schon geäußert (siehe hier). Der Besuch einer einzigen Diskussinsveranstaltung hätte Knauß lehren können, dass die Frage, wie denn mit Einwanderung umzugehen wäre, beinahe immer gestellt und auch beantwortet wird. Aber, warum recherchieren und lesen, wenn man munter drauf los behaupten kann?
Sascha Liebermann