Einkommensabsicherung nicht erreicht – nicht nur in den USA ein Problem, auch in Deutschland

Siehe die Studie des Ifo-Instituts im Auftrag der Stiftung Grundeinkommen. Diese Erkenntnisse sind für Deutschland nicht neu, man denke nur an die Forschung zu verdeckter Armut z. B. von Irene Becker hier und hier, dazu eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hier, zur Altersarmut bei Frauen von Irene Götz hier. Die Frage ist nun: was folgt aus diesen Erkenntnissen? Sie weisen auf die Zielungenauigkeit existierender Leistungen hin, die auch mit der durch sie erzeugten strukturellen Stigmatisierung zu tun haben. Hieraus die angemessenen Schlüsse zu ziehen, fällt aber auch denjenigen schwer, die um das Phänomen wissen. Weshalb? Weil das Erwerbsgebot als normative Erwartung des Gemeinwesens an seine Bürger aufgegeben werden müsste, um diese Stigmatisierung aufzuheben und nicht nur den Rechtsanspruch auf ein Mindesteinkommen vorzusehen, sondern die Bürger auch zu erreichen damit. Ob das gelingt, daran muss ein Sozialstaat sich messen lassen. Erreicht er das nicht, steht diese Art der Leistungsbereitstellung in Frage.

Sascha Liebermann

„Die Produktivität mancher Bereiche können wir also gar nicht messen“, sagt Mariana Mazzucato…

…in einem Interview auf Zeit Online. Was aber folgt daraus?

Sie scheint danach zu streben, eine geeignetere Form des Messens bzw. andere Kritierien dafür zu entwickeln, die dasjenige, was heute nicht erfasst wird, zu erfassen erlauben. Es geht in den folgenden hier kommentierten Passagen um die beschränkte Aussagekraft des Bruttoinlandsprodukts:

„ZEIT ONLINE: Wieso sollten sich solche verlagerten Effekte nicht mit den neoliberalen Messmethoden erfassen lassen? Wenn irgendwo Wertschöpfung stattfindet, fällt das schon auf.

Mazzucato: Nur wenn die Wertschöpfung sich verkaufen lässt. Im Bruttoinlandsprodukt zum Beispiel finden Sie nur jene Produkte und Dienstleistungen, die einen Preis haben. Die Produktivität mancher Bereiche können wir also gar nicht messen, zum Beispiel die unseres kostenlosen Bildungssystems. Sie können zwar angeben, wie viel Geld da reinfließt, also was Lehrer kosten und Schulgebäude. Aber keiner weiß, welchen Preis diese Leistung erzielen würde, würde man sie verkaufen. Das Gleiche gilt für das Gesundheitssystem. Hier brauchen wir neue Maßstäbe, wie wir solche Wertschöpfung quantitativ erfassen können. Nehmen Sie die sogenannte Care-Arbeit, Feministinnen sprechen darüber schon lange: Wenn Sie Ihr Kindermädchen heiraten, sinkt das Bruttoinlandsprodukt! Denn plötzlich ist eine Dienstleistung, für die bisher bezahlt wurde, kostenlos – und damit angeblich nichts mehr wert. Das ergibt keinen Sinn.“

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„Das Grundeinkommen depotenziert die ökonomische, soziale und symbolische Zentralität der Lohn- und Erwerbsarbeit“

„A choice of masters does not make a servant into a free person“ – und eine Anmerkung zur „job guarantee“

Siehe unsere früheren Beiträge zur Jobgarantie hier.

„Wie sinnvoll ist ein Grundeinkommen wirklich?“ – Ein differenzierter Beitrag mit blinden Flecken,…

…so würde ich den Beitrag auf Quarks charakterisieren, der gut gelungen ist. Er führt Argumente dafür und dagegen auf, so dass man sich ein Bild von der Diskussion machen kann. Hervorgehoben wird darüber hinaus, wie wichtig die Ausgestaltung ist, damit bestimmte Folgen eintreten können.

Vielleicht ist es nicht die Aufgabe eines solchen Überblicks, doch es verwundert ein wenig, weshalb gar keine Verbindung zwischen BGE und den Grundfesten der Demokratie gezogen wird. Dann würden sich manche Diskussionen nämlich erübrigen und Fragen anders gestellt werden müssen. Ob z. B. die Bürger mit einem BGE vernünftig umgehen, ist deren Sache, es gibt keine Instanz, die darüber zu befinden legitimiert wäre. Wer dieses Mündigkeitsprinzip aufgeben wollte, weil er sich um das Gemeinwesen sorgte, müsste die Demokratie gleich mit aufgeben – darüber sind sich manche, die sich besorgt äußern, nicht im Klaren. Hierbei geht es also nicht um Pro und Kontra BGE, sondern um die Frage, wie ernst die Demokratie genommen wird. Was diesen blinden Fleck betrifft, da handelt es sich um den zentralen in der Diskussion, in der Demokratie als empirisches Phänomen selten herangezogen wird, um ein BGE zu begründen.

Erst so aber gelangt man über die notorische Menschenbildfrage hinaus. Was unerwünschte Folgen betrifft, da verweist der Beitrag auf Studien über Arbeitslosigkeit, doch hier wird – wie meist – übersehen, dass die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit mit der normativen Stellung von Erwerbstätigkeit zu tun haben.

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