Beschäftigung, Stolz und Katzenvideos – was Vorstandsvorsitzende so für Gedanken haben…

…das kann man in einem Interview mit Johannes Teyssen, Vorstandsvorsitzender von E.on, vom 28. Januar auf Welt online erfahren.

Hier der Zusammenhang:

„WELT: Die Wirtschaftselite führt aber auch nicht: Beim Thema Digitalisierung haben erst alle Manager gesagt, sie biete unglaubliche Möglichkeiten und schaffe sogar mehr Jobs. Jetzt kommen Spitzenmanager und sagen, wir brauchen das bedingungslose Grundeinkommen, weil das Wirtschaftssystem in der Digitalisierung nicht mehr trägt: In Zukunft arbeiten dann nur noch Roboter und Algorithmen.
Teyssen: Diese Forderungen stören mich. Nicht, weil ich völlig sicher bin, dass wir das am Ende nie brauchen, sondern weil es viel zu kurz greift. Dahinter steht doch unausgesprochen: Ich habe für viele Menschen keine Beschäftigung mehr! Ich kann denen doch nicht noch sagen: Ihr kriegt Geld und könnt Katzenvideos gucken. Arbeit ist mehr als Geld, Arbeit ist Teilhabe am sozialen Leben, an der Gemeinschaft. Sie gibt einem Stolz, oft auch Erfüllung. Einer ganzen Generation zu sagen, ihr werdet mit Geld ruhig gestellt, nehmt aber nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teil, kann nicht die Antwort sein.“

Beschäftigung? Herr Teyssen meint natürlich Erwerbstätigkeit, was sonst, auch wenn es allerhand Beschäftigung ohne Erwerbstätigkeit gibt, man denke nur an die „unbezahlte Arbeit“. Doch, was ist die schon im Vergleich zu Erwerbstätigkeit. Beschäftigung, vor allem in der Formulierung, „für viele Menschen keine Beschäftigung mehr“ zu haben, klingt ganz so, als müssten alle mit Beschäftigung versorgt werden. Als wären die Bürger passiv und warteten auf die Versorgung; tatsächlich sind sie doch aktiv und suchen sich „Beschäftigung“ – in ganz unterschiedlichen Bereichen und Formen. Wer aber nur versorgungsbedürftige Bürger sieht, dem muss sich die Stirn runzeln, wenn sie mit Beschäftigung nicht mehr versorgt werden und in seiner Phantasie dann nur Katzenvideos übrig bleiben. Sicher, Herr Teyssen meint das ganz fürsorglich, geradezu paternalistisch, dazu passt die bevormundende Haltung, die ist ja ohnehin verbreitet, man denke nur an die Sorge darum, ein Bedingungsloses Grundeinkommen könnte zu einer Stillhalteprämie oder -legungsprämie werden. Ja, wer stillhalten will, kann das natürlich, auch ohne BGE schon. Wer aber behauptet, andere könnten stillgehalten werden, gibt zu erkennen, wes Geistes Kind er ist.

Studie zur Zeitverwendung

Ja, Arbeit kann erfüllend sein, aber nicht „Beschäftigung“ als solche und schon gar nicht Erwerbsarbeit alleine. Als bestünde das gesellschaftliche Leben nur und vor allem aus Erwerbsleben – da muss man schon viel übersehen.

Sascha Liebermann