Keine Spur von Aufbruch…

…so klingt zumindest, wie die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey im Tagesspiegel zitiert wird:

„Es geht darum, dass eigentlich der Abstand zu denjenigen, die arbeiten, größer sein müsste. Das heißt nicht, dass man die Sätze senken soll. Aber man sollte schauen, wie können diejenigen, die arbeiten, besser verdienen.“

Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass das sogenannte Lohnabstandsgebot, hinter dem das Armutsfallentheorem steht, eine empirielose Annahme ist, die sich als Vorurteil unbeirrt hält. Siehe dazu nachstehende Studien:

Zur Kritik des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern (Ronald Gebauer)
Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer)

Wer den Menschen Verhandlungsmacht gibt, ermöglicht ihnen auch, über ein aus ihrer Sicht angemessenes Einkommen zu verhandeln. Das spricht für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Wer für den ersten Arbeitsmarkt nicht geeignet ist, weil er andere Sorgen hat, könnte auf der Basis eines BGE sich anders orientieren, statt einem unerreichbaren Ziel hinterherrennen zu müssen.

Weiter wird sie so zitiert:

„Arbeit muss sich lohnen. Und Menschen müssen befähigt werden statt nur versorgt wenden.“ Unser Ziel müsse es sein, dass nicht – wie in Berlin-Neukölln – 75 Prozent des Haushaltsbudgets für Sozialleistungen ausgegeben werden müssen. Das sei kein normaler Zustand „Wir müssen dahin kommen, dass mehr Menschen ein selbstbestimmtes Leben über die Arbeit auch führen. Und dafür müssen wir sie fördern.“

Dieser Gegensatz zwischen Befähigung und Versorgung ist falsch. Eine auskömmliche Einkommenssicherung, z. B. durch BGE, „befähigt“ insofern, als jemand mit Einkommen versorgt ist. Er kann dann in Angriff nehmen, was er für wichtig und richtig erachtet. Eine sozialpolitische Grundfrage ist, will man nun dem Einzelnen Verhandlungsmacht geben und dann sehen, was er darüber hinaus benötigt oder will man ihn „von oben“ auf den rechten Weg führen. Das erste ist, was ein BGE anstrebt, das zweite findet man z. B. in der Haltung Marcel Fratzschers.

Sascha Liebermann