Dem ZDF gab der Sozialwissenschaftler Stefan Sell ein Interview, in dem er kritisch und differenziert mit dem Vorschlag eines solidarischen Grundeinkommens umging. Auf die Rückfrage von Claus Kleber, ob mit diesem Instrument nicht eine Konkurrenz zu regulärer Beschäftigung entstehe, verwies Sell auf den besonderen Personenkreis, der von einem solidarischen Grundeinkommen profitieren solle. Es handele sich um Personen mit schweren biographischen Beschwernissen, deren Perspektive, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen, ohnehin nicht überschätzt werden dürfe. Selbst mit einem Lohnzuschuss von 100% würden diejenigen, um die es hier geht, nicht eingestellt werden (siehe zur Komplexität der Förderung in diesem Bereich die Studien von Frank Bauer). Zugleich jedoch betonte Sell, dass Langzeitarbeitslose mit diesen Beschwernissen unbedingt eine Beschäftigung suchen, so dass ein sozialer Arbeitsmarkt sinnvoll sei.
Was Beschäftigungsprogramme zu mindern versuchen – die Stigmatisierung derjenigen, die nicht erwerbstätig sind oder sein können – bekräftigen sie allerdings gerade. Denn jedes Beschäftigungsprogramm mit der hier in Rede stehenden Ausrichtung belegt, dass jemand nicht regulär angestellt werden würde. Was aber würden diejenigen, die solche Beschwernisse wie oben genannt haben, denn suchen, wenn sie eine Perspektive jenseits der Erwerbstätigkeit hätten, die ganz legitim wäre und die sie nicht als Versager dastehen ließe? Würden sich dann solche Programme nicht von selbst erledigen bzw. sich ganz andere Möglicheiten eröffnen? Könnten sich diejenigen dann nicht freier in andere Richtungen orientieren?
Rainer Hank, der sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ebenfalls über das Konzept eines sozialen Arbeitsmarkts äußert und auf Illusionen hinweist, die damit verbunden sind, argumentiert dabei ganz wie Stefan Sell. Was bietet Hank als Alternative außer dem Bestehenden? Nichts.
Einen Ausweg aus illusionären Versprechungen auf der einen Seite und dem Weiter so auf der anderen bietet nur ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Das aber lehnen Sell (siehe hier) und Hank (siehe hier) ab.
Sascha Liebermann