„Endlich auch mal ein bisschen Kritik an unserem Projekt…“

…schrieb „Mein Grundeinkommen“ zum Blogbeitrag von Sascha Liebermann ‚“Bezahlung ist nicht alles“…‘. Siehe auch die Kommentare zum Facebook-Eintrag.

 

„Bezahlung ist nicht alles“…

…so ist ein Interview in der Badischen Zeitung mit Michael Bohmeyer übertitelt. Zwei Passagen seien hier kommentiert, weil sie bemerkenswert sind.

In der ersten heißt es:

„BZ: Innerhalb weniger Monate haben mehr als 17 500 Leute gespendet. Warum geht Ihre Aktion so durch die Decke?

Bohmeyer: Jeder, der sich anmeldet, kann mitmachen. Man muss also nicht spenden, um an der Verlosung teilzunehmen. Und ich spreche nicht nur die klassische Grundeinkommenscommunity an: Unser Durchschnitts-User ist 29 Jahre alt…“

Wer ist die „klassische Grundeinkommenscommunity?“ Die Diskussion ist seit ihrem erneuten Beginn in 2004 sehr heterogen, sowohl was die verschiedensten Milieus als auch die Altersgruppen betrifft. Darüber mag die mediale Berichterstattung hinwegtäuschen, die sich auf wenige Aktive beschränkt oder dazu tendiert, die Idee bestimmten Parteilagern oder Personen zuzuordnen. Wovon grenzt sich Bohmeyer ab?

„…Von der Community gab’s eher Kritik: Das sei kein echtes Grundeinkommen, nicht hoch genug, nicht für alle und zeitlich begrenzt. Meine Kampagne ist nicht explizit politisch, ich möchte nur, dass die Leute etwas ausprobieren können.“

Worin bestand diese Kritik denn? Bohmeyer hat zu Beginn seiner Aktion ausdrücklich gesagt (siehe hier), dass es sich nicht um ein echtes BGE handele und einige Kommentare auf der Website hielten das damals ebenso fest wie auch solche von außerhalb der „community“. Diese „Kritik“ hat ganz sachliche Gründe. Ein einjähriges, nach dem Zufallsprinzip vergebenes Stipendium, das eine Spendergruppe finanziert, ist etwas anderes, als eine dauerhafte Gewährung über die Lebensspanne durch ein Gemeinwesen. Bohmeyers Aktion ist nahe an einer Lotterie, in die viele einzahlen und wenige den Zuschlag erhalten. Folglich sind auch die Schlussfolgerungen, die aus den Erfahrungen mit einem einjährigen Stipendium gezogen werden können nicht mit denen gleichzusetzen, die aus einer dauerhaften Gewährung erwachsen (siehe hier).

Gegen Ende heißt es:

„Wir wollen erst einmal 100 Grundeinkommen finanzieren. Toll wäre, wenn irgendwann jeder in Deutschland jemand kennt, der jemand kennt, der schon einmal unser Grundeinkommen bekommen hat, und sagt: Mensch, das hat ja geklappt, dabei war der doch immer so ein fauler Hund. Wir nennen das Freie Radikale: Leute, die ein Jahr freigesetzt sind vom normalen System. Das hat so eine Kraft – die möchte ich entfalten. Ich glaube, dass Veränderung nur über Geschichten stattfinden kann.“

Diese Überlegung hat Charme, sie setzt auf Erfahrung statt auf Argumente. Es kann vermutlich nicht davon ausgegangen werden, dass eine breite Mehrheit vor allem über Argumente erreicht wird, weil nicht jeder sich so intensiv damit befasst, wie es dafür notwendig wäre. Allerdings ist die Macht des Arguments wiederum nicht zu unterschätzen, denn nur Argumente führen zu einer Klärung, die allgemeinen Charakter hat. Wer sich einmal intensiver mit dem BGE befasst hat, kennt die Folgen: es führt kein Schritt in die Zeit zurück, bevor man sich damit befasst hatte, man kann es allenfalls verleugnen.

Erfahrungen hingegen sind immer persönliche, sie bleiben mit der Person verbunden, die sie gemacht hat, sie werden nur für sie zur Evidenz. Das kann dazu führen, dass sie am Einzelfall hängen bleiben ganz im Sinne davon, dass ich jemanden kenne, der…, ohne von dort auf die Allgemeinheit zu schließen. Diese Allgemeinheit ist aber notwendig, um das BGE als Regel und nicht als Ausnahme zu verstehen. Ob die Aktion von Michael Bohmeyer zur Verbreitung des BGE führt oder in der Lotterielogik stecken bleibt, ist schwer zu sagen. Es hat sich um diese Aktion offenbar eine eigene Community gebildet. Was daraus werden kann, entscheidet sich daran, ob das BGE in die Welt hinausgetragen wird, über die mein-grundeinkommens-community hinaus.

Sascha Liebermann

Die Zeit über „mein grundeinkommen“

Die Zeit berichtete in der Printausgabe von 09/2015 über das Crowdfundingprojekt von Michael Bohmeyer. Unter dem Titel „Macht Geld faul?“ – diese Assoziation ist besonders beliebt, siehe „Das bedingungslose Grundeinkommen macht nicht faul!“ – stellt die Autorin das Projekt vor und die Grundeinkommensdiskussion dar.

„Mein Grundeinkommen“ – aktuelle Entwicklungen

Das Crowdfunding-Projekt von Michael Bohmeyer hat enorme Resonanz gefunden, auch in den Medien. Das zweite zu verlosende Grundeinkommen ist finanziert, ein weiteres wird angestrebt. Gegenwärtig wird darüber diskutiert, ob die Verlosung national oder international ausgerichtet sein soll – im Für und Wider vorgebrachter Überlegungen spiegelt sich der Stand der allgemeinen Grundeinkommensdiskussion gut wider. Unsere Aufassung dazu, siehe hier und hier.

Dass es sich bei dem Projekt vor allem um eine Aktion zur weiteren Verbreitung der Idee handelt, wie Michael Bohmeyer selbst schreibt, sollte nicht vergessen werden, denn mit einem von einer politischen Vergemeinschaftung von Bürgern bereitgestellten BGE hat sie nichts gemein (siehe auch unseren Kommentar zu Feldexperimenten). Darauf weisen auch manche Kommentare zu gegenwärtigen Diskussion um die Verlosung hin.

Die Finanzierung weiterer Grundeinkommen durch eine Crowdbar anzustreben, macht diesen Punkt ebenfalls deutlich. Denn zum einen ist es nicht Aufgabe eines Unternehmens, die Mittel dafür bereitzustellen, das geschieht jedoch über eine Crowdbar. Dadurch wird das BGE zu einer Privatangelegenheit. Zum anderen sollte klar sein, dass solche Aktionen ähnlich wie Kundenbindungssysteme (Payback etc.) natürlich nur durch den Absatz, also den Endkunden, getragen werden. Er „bezahlt“ es letztlich.

Sascha Liebermann

„Mein Grundeinkommen“ erhält erhebliche Resonanz in den Medien

Vor kurzem haben wir auf die Aktion von Michael Bohmeyer hingewiesen, der per crowdfunding Geld einwirbt, um ein Grundeinkommen zu verlosen. Die mediale Räsonanz ist erheblich, hier eine kleine Presseschau, die dem Archiv Grundeinkommen entnommen ist:

24.7.2014: bild.de:
Berliner verlost 12000 Euro Grundeinkommen
24.4.2014: Berliner Kurier:
Das 1000-Euro-Experiment
(incl. Abstimmungsmöglichkeit)
22.7.2014: twitter.com:
Was doch die Aufmachung ausmacht.
24.7.2014: tagesspiegel.de:
Berliner sammelt für bedingungsloses Grundeinkommen
24.7.2014: rbb-online.de:
Berliner Unternehmer will Grundeinkommen verlosen
24.7.2014: stern.de:
Was würden Sie mit 12.000 Euro anstellen?
24.7.2014: n24.de:
12.000 Euro für ein Jahr Nichtstun
24.7.2014: huffingtonpost.de:
Bedingungsloses Grundeinkommen: In Berlin werden 12.000 Euro für ein Jahr Nichtstun verlost
24.7.2014: Berliner Morgenpost:
Berliner verlost 12.000 Euro für ein Jahr Nichtstun
24.7.2014: welt.de:
Berliner verlost 12.000 Euro für ein Jahr Nichtstun
24.7.2014: t-online.de:
Berliner startet Test für bedingungsloses Grundeinkommen
(incl. Abstimmungsmöglichkeit)
24.7.2014: Berliner Zeitung:
Berliner testet bedingungsloses Grundeinkommen
22.7.2014: br.de:
Grundeinkommen zu verlosen
22.7.2014: youtube.com:
12.000€ fürs Nichtstun – Grundeinkommen für alle? (3 Min)
22.7.2014: rp-online.de: Rheinische Post:
Berliner verlost bedingungsloses Grundeinkommen
21.7.2014: zeit.de:
Ich arbeite, also bin ich
Arbeit bestimmt, welche soziale Stellung wir haben. Wer nicht arbeiten will, gilt als Schmarotzer. Dieser Drill ist gegen die Natur.
21.7.2014: taz.de:
Crowdfunding für Grundeinkommen
Ein Vorbild per Losverfahren