»Aber es ist keine Seltenheit, dass die Hälfte der Termine nicht wahrgenommen wird«
Die Frage nach dem Warum kommt gefühlt schon einer Provokation gleich. Daran sieht man, wie unfrei der ganze gesellschaftliche Umgang mit Erwerbstätigkeit ist.
— BGE Eisenach (@bge_esa) June 17, 2025
Kategorie: Sanktionen
„…Druck auf Bürgergeld-Empfänger soll wachsen“ – eine Debatte ohne Perspektive
„8.000 Sanktionen in MV – Druck auf Bürgergeld-Empfänger soll wachsen“ – unter diesem scharfen Titel ein recht sachlicher Beitrag zur Lage (https://t.co/atvdvkQRVs) – eine Debatte, der es an Sachgehalt mangelt, festgefahren, ohne Perspektive.
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) April 28, 2025
Siehe unsere Beiträge dazu hier.
Ahnungslosig- oder Mutwilligkeit?
…über die Rechtsfolgen belehrt worden sind oder diese kannten, wird das Bürgergeld für die Dauer von einem Monat um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs gemindert.“ Was macht Herr Brötel da? https://t.co/yv6QKkVZEU
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) April 23, 2025
„Sanktionierbarkeit aus Sicht von Leistungsberechtigten“…
…ein IAB-Forschungsbericht, der einmal andere Einblicke gewährt, wenn auch spärliche.
Was heißt „viele“?
Das wäre ja eine ziemliche Fehlwahrnehmung, gegen die Realität der sanktionsbewehrten Grundsicherung. Was heißt „viele“, relativ wozu? Etwa wie im Mythos über „Totalverweigerer“? (siehe auch: https://t.co/POCA5ymjpX) https://t.co/GqGMn7h8qY
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) March 8, 2025
Arbeitsverweigerung? Da war doch was…
…ach, nein, ein Missverständnis oder vielleicht eher ein Vorurteil bzw. eine Verleumdung?
In einem jüngst erschienen Beitrag (mit einem missverständlichen Titel) zu dieser Diskussion schreibt focus:
„Minderungen und Sanktionen wegen einer Arbeitsverweigerung seien jedoch selten. Die Zahl dieser Gruppe, bei denen der Regelsatz aufgrund von Weigerung gekürzt wurde, betrug laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit in den ersten elf Monaten des Jahres 2023 insgesamt 13.838. Von den 1,6 Millionen arbeitsfähigen Bürgergeld-Empfänger sind somit 0,86 Prozent „Totalverweigerer“ von Arbeit oder Ausbildungen.“
Darüber hinaus heißt es:
„‚Generell lässt sich feststellen, dass zuletzt mehr als 80 Prozent der Minderungen wegen Meldeversäumnissen festgestellt werden‘, so der Sprecher gegenüber der ‚Tagesschau‘ weiter. Dies betreffe etwa versäumte Termine bei ihrem Träger oder beispielsweise bei einem medizinischen sowie psychologischen Untersuchungstermin. Von Januar bis November 2023 wurden demnach insgesamt in 201.465 Fällen Leistungen gemindert.“
Nein, das ist ja gar nicht möglich, hätten wir das früher gewusst. Äh – das wissen wir aber schon ziemlich lange, z. B. 2018 gab es schon eine solche Meldung (hier). Stefan Sell wies schon 2014 darauf hin, dass die meisten Sanktionen (70%) wegen Meldeversäumnissen verhängt werden (hier). In einer Studie der Friedrich Ebert Stiftung wird bis 2007 dasselbe ermittelt (hier, S. 9).
Selbst der Wert von 0,86% „Totalverweigerern“, von denen der Beitrag spricht, muss hinterfragt werden, weil an ihm die Gründe für die „Verweigerung“ nicht zu erkennen sind, so dass schon der Ausdruck „Verweigerung“ womöglich an der Sache vorbeigeht und nur der Gesetzeslage geschuldet ist. Es werden also seit Jahr und Tag dieselben Aufreger erzeugt, durch die Medien gereicht und zugleich wieder revidiert, ohne dass sich etwas verändert hätte. Weiß man es nicht besser oder will man es nicht besser wissen? Will also auch der Spitzenkandidat der CDU, der Verschärfungen anstrebt, es nicht wissen und all jene, die diese Debatte kurz vor der Bundestagswahl befördern? Wo bleiben die Alternativvorschläge der anderen Parteien? Einst gab es von Robert Habeck den Vorschlag einer Garantiesicherung, zwar etwas unausgegoren, aber immerhin – vom Winde verweht, so scheint es.
Eine solche Debatte und das Niveau kann man zurecht als Denkstagnation bezeichnen, ohne das irgendein Problem gelöst würde.
Sascha Liebermann
„‚Mismatch-Problem‘ und ’nutzloses Ritual'“…
…so Bernd Fitzenberger, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, im Interview mit focus online. Fitzenberger äußert sich differenziert zu den Behauptungen Carsten Linnemanns, CDU, über die große Anzahl erwerbsfähiger Leistungsbezieher im Bürgergeld, die erwerbstätig sein könnten, es aber nicht seien. Auch weist er auf manche begriffliche Unschärfe in der Debatte hin und auf praktische Schwierigkeiten in der Umsetzung mancher Vorschläge.
An einer Stelle geht es darum, ob Sanktionen hilfreich sind.
„[focus] Helfen Sanktionen überhaupt, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen?
Fitzenberger: Ich würde sagen, dass Sanktionen notwendig sind. Aber sie sind nicht das Allheilmittel, um Menschen sofort in Beschäftigung zu bringen. Es klingt paradox, aber am besten sind die Sanktionen, die man nicht aussprechen muss – also wenn sie nur im Raum stehen, um sicherzustellen, dass die Leistungsberechtigten ihrer Mitwirkungspflicht nachkommen.“
Fitzenberger hält zwar Sanktionen nicht für „das Allheilmittel“, erachtet sie jedoch für notwendig. Weshalb aber? Darauf gibt er nur eine indirekte Antwort, offenbar kann er sich nicht vorstellen, dass auch ein sanktionsfreies Sozialsystem, das Angebote macht, förderlich wirken kann. Aus seinen Ausführungen im Interview ließe sich jedoch der Schluss ziehen, dass es heute gute Gründe dafür gibt, weshalb bestimmte Leistungbezieher nicht erwerbstätig sind und Sanktionen gegen diese Gründe nicht helfen.
Endlich, die CDU hat die Lösung,…
Bei #Lanz redet man seit 20 Minuten über Bürgergeld und wie man dort 30 Milliarden einsparen möchte und den Menschen das Geld kürzen will.
Währenddessen fällt Frau Susanne Klatten lachend vom Stuhl. pic.twitter.com/BVjQmdJZoc
— Nurder Koch (@NurderK) November 12, 2024
…wie es aufwärts gehen kann mit dem Bürgergeld. Es bedarf nur einer Überarbeitung der Leistungen und mehr Druck, dann wird das schon.
Strukturelle Zwänge vs. individuelles Bestreben,…
Der Jobcenter-Mitarbeiter hat eine Gesetzgebung auszuführen, die vorwegnimmt, was der Bezieher zu wollen hat und die den Mitarbeiter über dessen Grundrecht verfügen lässt.
👉 Nicht-auf-Augenhöhe-Begegnen hängt wesentlich NICHT am Charakter des Mitarbeiters.#BGE #Grundeinkommen https://t.co/7sYv0zqq8u
— BGE Eisenach (@bge_esa) October 30, 2024
…treffend bemerkt, dass es nicht am Einzelnen liegt, ob es „Augenhöhe“ gibt oder nicht. Es kann sie nicht geben, wenn der eine sanktionieren kann und der andere nicht. Statt solche Euphemismen zu verwenden, sollte man einfach sagen, wie es ist. Trotz des Machtgefälles allerdings kann es einen helfenden und unterstützenden Umgang geben oder einen, der herablassend ist.
Sascha Liebermann
„Leistung durch Erzwingung von Anpassung“ – ein weltfremdes Vorhaben
Leistung durch Erzwingung von Anpassung: ein weltfremdes Vorhaben, wenn es dazu beitragen soll, Leistungsbereitschaft zu fördern. https://t.co/OrB5xLAyRP
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 17, 2024