…so in seinem Beitrag bei Zeit Online zu lesen, und zwar anlässlich der Bekanntmachung, dass das DIW die wissenschaftliche Begleitung für ein Pilotprojekt von Mein Grundeinkommen übernommen hat. Darin schreibt er, dass ein BGE diskussionswürdig sei angesichts der Schwächen des bestehenden Sozialstaats. Die Kritiker würden es sich leicht machen: „Dessen Gegner sind schnell darin, die Risiken und Gegenargumente aufzuzählen – meist zu schnell. Sie sagen, ein bedingungsloses Grundeinkommen gebe Menschen Anreize, nicht mehr zu arbeiten. Es sei ungerecht, da einige Menschen sich weniger anstrengen könnten und letztlich auf Kosten der anderen leben würden.“
Um dann zu schreiben:
„Ich war lange Zeit ein Kritiker des bedingungslosen Grundeinkommens. Mir schienen die Gegenargumente überzeugender. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher – und ich bin überzeugt, dass niemand sich seiner oder ihrer Argumente für oder gegen das bedingungslose Grundeinkommen wirklich sicher sein kann. Denn wir wissen schlicht nicht, wie es genau funktionieren und welche Nebenwirkungen es entfalten würde.“
Das ist doch recht erstaunlich und begrüßenswert, bedenkt man, wie entschieden er sich früher dagegen geäußert hat, siehe meine Kommentare dazu hier und hier (oder auch in dieser kurzen Radiodiskussion zwischen ihm und mir). Ist das vielleicht auch ein wenig Werbung für die wissenschaftliche Begleitung? Denn es ist ja nicht so, dass man gar nichts sagen könnte, es ist nur die Frage, wie man zu entsprechenden Schlussfolgerungen kommt, welchen Datentypen man dazu nutzt und wie sie ausgewertet werden. Und dass ein solches Pilotprojekt dazu führt, „wirklich sicher sein“ zu können, scheint doch angesichts der methodischen Beschränkungen gewagt.
Und davon ganz abgesehen: Leben wir nicht in einer politischen Ordnung, die zum einen in die Mündigkeit, die Bereitschaft zum Engagement ihrer Bürger vertraut und vertrauen muss, zugleich aber ihnen genau das auch abfordert? Wäre da nicht ein einfacher Ansatzpunkt für Forschung, wenn diese Realität ernst genommen würde? Ist das nicht mehr Beleg als ein „Experiment“?
Sascha Liebermann